Heft 
(1894) 3
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Aus der Urzeit der Küche.

Tellern und Töpfen wirtschafteten, haben sie essen und trinken müssen; das wird nie in Abrede gestellt werden können. Die Anfänge einer Mahlzeit sind eben gleichbedeutend mit den Anfängen des Daseins über­haupt; sie verlieren sich freilich in so dichter Finsterniss, dass auch die kühnste Phantasie nicht deutliche Vorstellungen zu gewinnen vermag. Nur Mutmassungen sind zulässig; und diese stützen sich einerseits auf Beobachtung der noch jetzt im rohesten Naturzustand lebenden Völker, andrerseits auf Funde von alten Mahlzeitüberresten, z. B. in Höhlen, wo Mensch und Tier abwechselndHerr im Hause war und abwechselnd einander verzehrte. Jedenfalls haben sich lange Zeit hindurch die Menschen neben Pflanzenkost mit rohem, ungesäubertem Fleische begnügt; es ist anzunehmen, dass ihnen das WortEkel noch ganz unbekannt gewesen ist und dass sie vorläufig nur dem gewaltigen TyrannenHunger Tribut gezollt haben.

Sehen wir uns in den vorgenannten Höhlen um, so können wir aus den aufgespeicherten, wohl überlegt zerschlagenen Tierknochen er­kennen, welchen Nebengeschöpfen der hungrige Mensch am liebsten nachstellte. Aber bevor wir in der Hinterlassenschaft der Höhlen­bewohner kramen, sei an das landschaftliche Bild erinnert, welches vor­nehmlich A. Penck für jene Zeiten entwirft, da zuerst Menschen in Deutschland gelebt haben mögen.

A. Penck*) geht von der bekannten Erfahrung aus, dass fast überall im Gletschergebiet der Eiszeit verschiedene Gletscherschuttwälle, Moränen, auftreten, durch Zwischenbildungen von einander getrennt. Es erklärt sich das daraus, dass die Eiszeitgletscher in ihrer Ausdehnung sehr beträchtlichen Schwankungen Rückgang und Neuvorriicken ausgesetzt gewesen sind, so dass uns die Eiszeit nicht mehr als eine gleichbleibende Kälteperiode erscheint. Rings um die Alpen kehrt die Erscheinung wieder, dass sich äussere Moränen von inneren sondern und sich von letzteren durch einige Züge höheren Alters abheben. Man bezeichnet die Perioden des Gletschervorrückens als eigentliche Glacial- zeiten, die Perioden des Gletscherrückgangs (welche zweifellos durch Einflüsse milderer klimatischer Verhältnisse bedingt wurden) als Inter- glacialzeiten. Es ist allbekannt, dass die Tierwelt der Diluvialzeit ein Gemenge von hochnordischen, arktischen Formen mit solchen eines ge­mässigten Klimas zeigt. Und wir treffen die Reste des Diluvialmenschen sowohl mit den arktischen Formen wie Renntier, Moschusochse und Vielfrass, wie mit den Vertretern eines milderen KlimasMammuth, Rhinozeros u. s. w. Aber zwischen der grossen von Skandinavien aus­gehenden Eismasse, welche fast ganz Norddeutschland deckte, und der von den Alpen nordwärts sich erstreckenden Vergletscherung, welche

*) C.-Bl. d. d. Ges. f. A., E. u. U., 1884, S. 80.