Aus der Urzeit der Kücke.
249
war mit Bärenknochen förmlich angefüllt, darunter 88 Schädel sich befanden“ *).
Die Zeichnungen auf Renntiergeweih (z. B. in der Höhle von Veyrier bei Genf und ferner bei Schaffhausen) beweisen uns, dass schon der Mensch der ältesten Steinzeit nicht nur Sinn für Essen und Trinken hatte. Was letzteres aber anbelangt, so ist die Meinung weit verbreitet: dass Blut — und zwar noch lebenswarmes — ein ausserordentlich beliebter Stoff gewesen sei. Und forschen wir nach den ältesten Trink- gefässen, so wird uns u. a. der Hirnschädel des Menschen vorgeführt.
Anknüpfend an Virchows Untersuchungen über die Anfänge des Gebrauchs eines künstlichen Gefässes sagt A. Kuhn: „dass das Kochen, sowie der dazu gehörige Topf den indogermanischen Völkern bereits vor ihrer Trennung bekannt gewesen sei. Abgesehen von den Namen der beiden zum Kochen nötigen Elemente, Feuer und Wasser, die jenen Sprachen in zwei Gruppen von Wörtern gemeinsam sind, stellen sich als gemeinsam in den Hauptsprachen hierbei die Wörter für den Begriff des Kochens oder Backens, sowie für den des gekochten und rohen, d. i. blutigen Fleisches (am deutlichsten bei Indern und Griechen) und auch der Fleischbrühe heraus. Wenn damit die Frage, ob die Indogermanen zu kochen, braten oder backen verstanden, bejahend entschieden ist, so bedarf es doch noch der weiteren Untersuchung, ob sie sich dabei natürlicher oder künstlicher Gefässe bedient haben. Hier zeigen nun die indogermanischen Sprachen einen grossen Reichtum von übereinstimmenden Ausdrücken. U. s. w. — Man wird den Indogermanen, in Rücksicht auf das Vorhandensein eines allen gemeinsamen Wortes für den Begriff des Kochens, auch das Vorhandensein eines Kochgeräts zugestehen müssen; und zwar ist es nicht unwahrscheinlich, dass der Schädel, die Hirnschale, ein solches in ältester Zeit gebildet habe, da einerseits derselbe als Bezeichnung von Trinkgefässen, andererseits aber auch von Töpfen und Kesseln vielfach wiederkehrt.“ — Steinthals Frage, „ob der Name Kopf statt Topf nicht aus der alten Sitte, Menschenschädel als Trinkgefässe zu benutzen, hergeleitet worden sei,“ wurde von Kuhn bejaht. Und Virchow erinnerte dabei an die in den Schweizer Pfahlbauten gefundenen, zu Trinkschalen umgewandelten Schädel.**)
Geehrte Anwesende, das Trinken aus einem Menschenschädel wurde mir noch vor wenigen Wochen von einem Berliner als etwas ganz Gemütliches geschildert. Jener Herr hatte s. Z. mit anderen Studenten in Heidelberg wie selbstverständlich aus der Hirnschale eines seligen Bierbrauers getrunken. Erwähnt sei noch, dass der Herr den „Vandalen“ angehörte.
*) C.-Bl. d. d. Ges. f. A., E. u. U. , 1880, S. 36.
**) Verh. d. Berl. Ges. f. A., E. u. U., 1877, S. 489.