Heft 
(1894) 3
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Aus der Urzeit der Küche.

stationierten Soldaten verabreicht werden. Überhaupt lassen sich mehrfach Übereinstimmung und Ähnlichkeit mit noch jetzt unzutreffenden Vorkommnissen betonen. So spricht Heer die Ansicht aus, dass die Brotbäckerei der Pfahlbauer derjenigen heutiger Beduinen Syriens und Arabiens geglichen haben wird. Der Orientale bewahrt sein Brot trocken auf und erweicht es zum Gebrauche. Erwähnt sei ferner, dass auch von einemPfahlbaupumpernickel die Rede ist, und dass jedenfalls Gerste durch vorheriges Rösten geniessbarer gemacht worden ist. Die Frage, ob man auch schon Bier aus der Gerste bereitete, bleibt eine offene. (Zur Zeit des Tacitus war Bier längst ein Lieblingsgetränk germanischer Völker.) Schliesslich sei noch gesagt, dass unter andern Acker-Unkräutern auch unsere Kornblume in den Pfahlbauten gefunden wird; und dass Kirschen- und Pflaumensteine, Bohnen, Erbsen u. s. w., sowie Pastinak gleichfalls vertreten sind.

Geehrte Anwesende, alle diese Vorräte und noch viel anderes Hierhergehörendes würde Stoff zu etlichen Vorträgen geben; ich muss aber etwa wie die Pfahlbauerinnen mit dein Brote mit der mir anvertrauten Zeit und Geduld haushalten.

Zunächst hätten wir wohl den Kjökkenmöddings einen Besuch ab­zustatten; es sei mir aber erlaubt, vorher einen Lieblingsbraten der alten Germanen und sonstigen Urvölker aufzutischen, nämlich Pferdefleisch.

Nehring*) unterscheidet bekanntlich drei Diluvialfaunen: die Glacial- fauna, die Steppenfauna und die Waldfauna.Diese letztere enthält nur Tiere, welche auch heutzutage noch in unserer Gegend leben. Es gehört dieselbe noch z. T. der Pfahlbauperiode an. Während der Steppen­periode lebte ein Wildpferd in zahlreichen Rudeln in Deutschland. Dieses Tier wurde von Menschen gejagt, und sein Fleisch wurde verzehrt. Sehr häufig sind die Röhrenknochen aufgeschlagen, um das Mark daraus zu gewinnen.

In der prähistorischen Ansiedelung bei Andernach**) sind neben Resten von Renntier und Schneehuhn ausserordentlich viele Pferde­knochen gefunden worden.Vom Pferde muss der Mensch jener Zeit vorzüglich gelebt haben. Noch in der germanischen Zeit, von der wir Nachricht haben, war das Pferd ein gewöhnliches Nahrungsmittel, das unsere Vorfahren auch opferten. Wir wissen, dass Bonifacius den Ge­nuss des Pferdefleisches verbot, um damit die heidnischen Opferfeste zu verhindern.

In Italien sah man wilde Pferde zum ersten Mal während der longobardischen Herrschaft, unter dem König Agilulf. Papst Gregorius III. schrieb um 732 an Bonifacius:Du hast einigen erlaubt, das Fleisch

*) C.-Bl. d. d. Ges. f. A., E. u. U., 1888, S. 10.

**) C.-Bl. d. d. Ges. f. A., E. u. U., 1883, S. 123.