Heft 
(1894) 3
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Aus der Urzeit der Köche.

nachzuweisen. Wie die Austern in den dänischen Kjökkenmöddings die erste Rolle spielen, so bilden z. B. beim Rinne-Kaln oder Rinnehügel (der merkwürdigsten Fundstätte in den Ostseeprovinzen) die Unioschalen den Hauptbestandteil.

Bei Tolkemit in Westpreussen ziehen sich am frischen Haff besagte Küchenabfall-Hügel in grosser Ausdehnung hin; die Reste der thönernen Gefässe zeigen das für diese Zeit so charakteristischeSchnurornament. Das ungefähre Alter dieser Abfallhaufen liesse sich auf 3000 Jahre schätzen.

Um nun endlich derBrandenburgia ein wenig gerecht zu werden, gehe ich zu einheimischen Küchenabfällen, Herdstellen und Pfahlbauten über. Letztere reichen in der Mark Brandenburg, wie überhaupt im nördlichen Deutschland, bis in die historische Zeit und haben keinerlei Zusammenhang mit den Pfahlbauten der Schweiz.

In der Nähe von Seelow ward z. B. eine Herdstelle in Tiefe von etwa 2 m ausgegraben; dieselbe war aus einer doppelten Lage geschlagener, z. T. gebrannter Geröllsteine zusammengesetzt und wies Kohlenstücke, Scherben und Knochen von Schwein, Rind, Hirsch u. a. m. auf. (Welche Bedeutung hier und überall der Besitz des Viehstandes, die Ausnutzung der Milch u. s. w. gehabt haben, bedarf wohl nicht besonderer Erörterung.) Knochen vom Schwein kommen in der Mark Branden­burg und in angrenzenden Gebieten so überaus zahlreich vor, dass man darin ein Seitenstück zu den in Höhlen gefundenen Resten von Bär, Pferd u. s. w. hat. Virchow sagt von der Herdstelle bei Seelow:Es kann nicht zweifelhaft sein, dass wir hier auf ein altes Kjökkenmödding oder anders ansgedrückt auf eine alte Ansiedlung gestossen sind. Im Ganzen gehört dieselbe sicherlich der Zeit der nordischen Pfahl­bauten an.*)

Über manche solcher alten Fundstellen auch in der Mark lässt sich natürlich kein entscheidendes Wort sprechen; sie können ebensogut für Wohnplätze, wie für Stätten eines vorübergehenden Aufenthalts an­gesehen werden. Uns würden heute nur die Beweise von Kochen, Braten und Backen interessieren.

Eine solche Stelle aus bereits slavischer Zeit befindet sich bei Luckau. Behla**) neigt der Ansicht zu, dass hier eine Menschenmenge einmal vorübergehend gelagert hat; die vielen Brandstellen fasst er als Kochstellen auf, die horizontal gelagerten Steine als kleine Herde.

Da sieh in den alten Küchenresten der Mark Brandenburg ungleich mehr Knochen von Haustieren, als von Wild vorfinden, kann man wohl auf eine sesshafte Bevölkerung schliessen. Und, wie erwähnt, das Schwein

*) Verb. d. Berl Ges. f. A., E. u. U., 1875, S. 116.

**) Verb. d. Berl. Ges. f. A., E. u. U., 1882, 8. 261.