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Aus der Urzeit der Küche.
Mit dem Wein zugleich erschien der Essig auf der Bildfläche. — In Italien kam es den ostgothischen und longobardischen Fürsten gewiss nicht auf die Blume des Weines, sondern auf die Menge des Getränkes an; zu jenen Zeiten wurde der Wein auch mit Gewürz, Beeren und Honig abgekocht. — Das heutige Europa lässt sich (nach V. Hehn) in das Wein- und Ölland und in das Bier- und Butterland teilen. — Bei den Kelten des mittleren Frankreichs war zur Zeit des Posidonius (Anfang des 1. Jahrh. v. Chr.) Bier noch das eigentliche Volksgetränk, während die oberen Klassen schon Wein tranken. Columbanus traf um das Jahr 600 bei den Sueven die Sitte an: dem Wodan ein Trankopfer in Bier zu bringen. — Die Geschichte der Butter geht der des Bieres parallel. Die Butter weist auf den Hirten, das Bier auf den Ackerbauer. Was aber die Butter anbelangt, so war sie bei vielen Völkerschaften ein flüssiges Fett, das man begierig trank, während die Germanen und Slaven Butter gern als Haarsalbe benutzten. — Neben den Nahrungspflanzen, neben Fleisch und Milch griffen schon die Urvölker mit Begierde nach anregenden Gewürzen, unter denen das Salz bis auf den heutigen Tag die erste Stelle einnimmt.
Sven Nilson brachte das Salz in Beziehung zu dem Handel der Phönizier mit Skandinavien. „Von welcher Bedeutung das Salz auch schon in den Lebensverhältnissen der alten Germanen war, ersehen wir aus den Kämpfen, welche von ihnen um den Besitz der Salzquellen geführt wurden. So berichtet Tacitus von solchen zwischen Chatten und Hermunduren u. s. w. — Die Halleschen Salzarbeiter sollen ein Rest keltischer Bevölkerung des Landes sein; andere sehen in ihnen Slaven. Hehn dagegen sagt: „Die Hermunduren werden das Salzwasser auf brennende Hölzer gegossen, und dann werden Kelten von der Donau und den Alpen die Kunst, aus den Quellen Salz in Gestalt von Krystallen abzuschneiden, zuerst eingeführt haben.“*)
Auch in Bezug auf die Zwiebel teilt V. Hehn (a. a. O.) die Völker in zwei grosse Gruppen: in die der Verehrer und die der Hasser. Die Germanen lernten die Zwiebel von Italien aus kennen. — Soweit das Klima es erlaubte, wurde im übrigen durch eine fortgesetzte Kulturwanderung angeeignet, was Italien entweder ursprünglich besessen oder selbst in früheren Jahrhunderten aus Griechenland und Asien bezogen hatte.
Ob die Bewohner des nördlichen Deutschlands auch auf diesem Wege den (noch heute anzutreffenden) Genuss von Eingeweiden geschlachteter Tiere kennen lernten!? Es wäre eher das Gegenteil anzunehmen. Indessen lesen wir in der „Ilias“ II, 427:
„Als sie die Schenkel verbrannt und die Eingeweide gekostet.“ U. s. w.
*) Verh. d. Berl. Ges. f. A., E. u. U, 1879, S. 61.