Heft 
(1894) 3
Seite
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Aus der Urzeit der Küche.

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Schon das blose Erwähnen von weiteren einschlägigen Fragen würde uns eine unabsehbar lange Zeit beschäftigen. Sie haben hier, geehrte Anwesende, zu Ihren eigenen Kenntnissen und Vorstellungen eine kleine Bilderflucht von Speise und Trank hinnehmen müssen; und allmälich mag Ihnen selber der Hunger erwacht oder der Appetit ver­gangen sein. Teil eile daher zum Schluss.

Es sei zunächst noch der Thatsache gedacht, dass unsere fernen Vorfahren die Sorge für die Ernährung bis über den Tod hinaus er­streckten. Viele Funde in Gräbern weisen auf Speisereste. Einer der interessantesten Funde ist jener von Amalienfelde auf der Oxhöfter Kämpe, Westpreussen. Auf dem in einer Steinkiste befindlichen Skelett stand eine Bronzeschale, gefüllt mit Haselnüssen, etwa 60 Stück, die durch die Kupfersalze vor gänzlicher Zerstörung gesichert waren.

Neben dem als sehr beliebt vorausgesetzten Genuss von Hasel­nüssen ist auch der von Eicheln zu erwähnen. Plinius (Natur, hist, lib. XVI, c. 6) erzählt, dass noch zu seiner Zeit in Hispanien Eicheln zum Nachtisch aufgetragen wurden; und Strabon (Lib. III, c. III, 6) sagt von den Bergbewohnern Iberiens: sie lebten zwei Drittel des Jahres von Eichelfrucht, aus der sie Brot bucken. Daraus folgt unzweifelhaft, dass vor 2000 Jahren die Speiseeiche in Iberien existierte.*)

Eine andere Frucht, welche von grauer Vorzeit her und auch später sehr geschätzt ward, die Wassernuss (Trapa natans L.) steht seit einigen Jahren so im Vordergründe der Forschung, nicht nur von Seiten der Botaniker, dass ihr die Ehre vergönnt werde, den Beschluss dieser Mahlzeit-Erinnerungon zu bilden.

Da derBrandenburgia resp. dem Märkischen Provinzial-Museum daran liegen muss, jede Gelegenheit zu benutzen, um neue Freunde für diese alten Nüsschen zu gewinnen, d. h. um sich immer grösserer Aufmerk­samkeit im Nachweisen von Fundstellen dieser aussterbenden Nahrungs­pflanze zu versichern, will ich für die geehrten Zuhörer unter Ihnen, denen die Wassernuss unbekannt gegblieben sein möchte, eine kurze Beschreibung derselben geben.

Auf dem Wasserspiegel schwimmen die aus festen, rautenförmigen Blättern gebildeten Rosetten, zwischen welchen sich einzeln stehende, weisse Blüten befinden. Aus ihnen entwickeln sich gegen den Herbst hin grosse Steinfrüchte mit zwei Paaren kreuzweise gestellter Dornen, die aus den Kelchzipfeln hervorgegangen sind. Die zierliche Blattrosette würde kaum im stände sein, die schweren Früchte zu tragen, sofern nicht ihre Schwimmfähigkeit durch blasenförmige Auftreibungen der Blattstiele wesentlich erhöht wäre. Jene Dornen schützen die Frucht im reifenden Zustande gegen Wassertiere und haben noch den Zweck,

*) Verb. d. Berl. Ges. f. A., E. u. U., 1880, S. 435.