1:1. (5. öffentliche) Versammlung «les 8. Vereinsjahres.
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die den zu jeder Lebensleistung des Plasmas notwendigen Sauerstoff demselben zuführt, ist nicht zu verwechseln mit der im grünen Gewebe stattfindenden Assimilation, bei der bekanntlich die Kohlensäure aufgenommen und zerlegt wird und der Sauerstoff der zerlegten Kohlensäure wieder ausgeschieden wird). Jost hat dies durch eingehende histiologische Untersuchungen nachgewiesen. Er zeigte auch, dass man die Bildung dieser aerotropischen Athmungswurzeln hervorruft, wenn man diese Landpflanzen in Schlamm oder Wasser kultivirt.
Jost hebt nun mit Recht 1. c. Sp. 640 hervor, dass zu diesen Athmungsorganen auch die merkwürdigen kegeligen Wurzelsäulen gehören, die sich aus den Wurzeln der Sumpfcypresse, Taxodium distichum, 1—5 Fuss hoch über den Boden erheben, und aus einer knieförmigen Beugung der Wurzeln ihren Ui’sprung nehmen. Auch sie entwickeln sich hauptsächlich, wo die Wurzeln der Sumpfcypresse in sumpfigem schlammigem Boden wachsen, während ihre Bildung auf trockenem Landboden mehr zurücktritt. Das schönste Exemplar einer Sumpfcypresse mit zahlreichen Wurzelsäulen habe ich in der Villa Doria Pamfili bei Rom gesehen.“ —
Wir haben also drei Theorien über die Bedeutung der Wurzelprotuberanzen von Taxodium; nach einigen werden sie als Böcke gegen den Eisschub und das Treiben von Baumstämmen, nach anderen für Gleichgewichtsstützen gegen Wirbelstürme, von noch anderen als Athmungsorgane aufgefasst. Jede dieser Erklärungen scheint manches für sich zu haben, vielleicht müssen sie alle drei vereinigt und gleichzeitig vom Standpunkt der Naturkräfte erwogen werden. Dass Wälder von Taxodium distichum in ihrer eigentlichen Heimat, in Louisiana, fossil und bis in die älteste Vorzeit des Menschen zuückreichen, war auch bereits dem englischen Geologen Sir Charles Lyell bekannt. Speziell mit Bezug auf unsere Sumpfcypresse äussert er sich in seinem klassischen Werk „Age of Man“ bei Besprechung des Mississippi-Deltas wie folgt: „Die Anschwemmungen dieses Flusses erstrecken sich über eine Fläche von 30 000 engl. Quadratmeilen und sind an einigen Stellen mehrere hundert Fuss dick. Die massigsten Schätzungen ihres Alters lassen auf viele Jahrtausende (wahrscheinlich auf mehr als 100 000 Jahre) schliessen. In der Nähe von Neu-Orleans hat man bei der Errichtung von Gaswerken i. J. 1852 grosse Ausgrabungen gemacht und dabei in einer Tiefe von 16 Fuss und unterhalb vier begrabener und übereinander gelagerter Wälder [von T. d.] ein menschliches Gerippe gefunden, welches dem Urtypus der roten indianischen Rasse angehören und nach der Berechnung von Dr. Dowler ein*) Alter von 50 000 Jahren
*) Dowler, citirt von Dr. Usher, in Nott and Gliddon’s Types of Mankind, pag. 352. Die Altersangaben sind selbstredend nur als Schätzungen und Möglichkeiten, nicht als unumslössliche Gewissheiten zu betrachten.
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