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Berliner Wirtschaftsgefässe aus mittelalterlicher Zeit
einer Reihe früherer Vorlagen gewinnen können; deshalb hole ich heilte nicht soweit aus, um die ganze Entwickelung der Töpferkunst von ihrem Ursprung an zu verfolgen. Nur auf die für die prähistorische Forschung sehr wichtige Unterscheidung zwischen altgermanischer und wendischer Töpferwaare möchte ich hinweisen. Die Verschiedenheit beider ist eine so ausgesprochene und in die Augen fallende, dass die Thongefässe, oder auch selbst die Scherben, völlig zweifelsfreie Beweismittel für die Zeitbestimmung, für die Zugehörigkeit zu dem einen oder anderen Volksstamm, geworden sind. Der bei den Germanenn ziemlich entwickelte Geschmack, welcher an den schönen Formen, Glättungen und Verzierungen zum Ausdruck kommt, beginnt schon bei Eintritt der unruhigen Zeiten der Völkerwanderung sich zu verlieren und die nach dieser Zeit, vom 6. Jahrhundert an vorkommenden Gefässe lassen davon gar nichts mehr erkennen, werden vielmehr wieder höchst primitiv, zeigen aber als einen neuen Kultur-Fortschritt die Anwendung der Töpferscheibe beim Formen. Fraglich bleibt dabei, ob diese Verbesserung bereits bei den Wenden vorher bestanden hatte, oder ob sie bei der Berührung der Wenden mit den südwestlichen fränkischen Kulturgebieten erlernt und dann hier eingeführt war.
An den beiden hier vorliegenden, aus dem märkischen Museum mitgebrachten Beispielen, einem germanischen und einem wendischen Topf, wird Ihnen der wesentliche Unterschied zwischen germanischer und wendischer Poterie sogleich in die Augen fallen.
Mit dem Wiedereindringen der deutschen Kolonisten unter den ersten Askaniern, gleichbedeutend mit der Einführung der christlichen Kultur in die Mark, wird auch wieder die Töpferwaare verbessert. Der Thon wird nicht mehr, wie bis daliin, mit Steingrus gemengt; die Formen zeigen zwar noch Anklänge an die wendischen, aber es ist unverkennbar, dass eine neue Gebrauchsweise der Töpfe, also auch eine neue Lebensweise der Menschen, die Formen beeinflusst hat. Die bauchige Form mit abgerundetem Boden, der verengte Hals und der schärfer nach aussen profilierte Mündungsrand lassen auf eine verbesserte Einrichtung des Kochheerdes, im Anschluss an die Erbauung ordentlicher Wohnstätten schliessen. Man kann sich vorstellen, dass diese Gefässe in eisernen Zangenklammern, wie etwa heute die Fässer an den Bierwagen, über dem Heerfeuer als Kochtöpfe hingen, oder auch unmittelbar auf das Feuer gestellt werden konnten, ohne zu platzen, während die wendischen Töpfe vielleicht nur seitwärts an das Feuer herangeschoben wurden, und überhaupt eine geringere Verwendung am Feuer verraten. In Bezug auf die Verzierungen verliert sich die Methode der rohen Einritzung von Tupfen und Linien, die oft wellenförmig verliefen, ganz und nur die bei der Formung mittels der Scheibe mitausgedrehton Riefen um den Hals bleiben und erfahren eine weitere Entwickelung.