Heft 
(1894) 3
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Die Dorfkirehen der Mark.

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Marken als Höhe- und vielleicht auch Ausgangspunkt die bescheidene, aber kernige Granitbaukunst, welche sich im Umkreis des dörflichen Lebens nur selten von der mehr in den Städten gepflegten Backsteiu- arcliitektur verdrängen lässt.

Unsere Mark, in der Mitte zwischen den nach Norden gravitieren­den Ländern der Küste und den noch von antikem Geist durch­schwängerten Territorien des Südens gelagert, hat von den sich kreuzenden Kulturen stets einen Prozentsatz zurückbehalten, der, von den eigenen urwüchsigen Bestandteilen aus grauer Vorzeit getragen, das gesamte Leben zu einem so charakterischen gemacht hat. Land und Leute, letztere eine geschichtliche Auslese aus den kräftigsten und wider­standsfähigsten Stämmen, bilden auch auf dem Gebiete der Dorfkirch- baukunst eine vielgliederige Buntheit heraus, deren Farben jedoch sich bei näherem Betrachten zu einem dunklen und satten Kolorit vereinen.

In den Dorfkirchen sind nicht besondere, ausserhalb des grossen Kulturweges stehende Bestrebungen sichtbar, vielmehr zeigt sich in ihnen ein deutliches Abfliessen der in gewissen Zeitspannen bevorzugten Formen und Bildungen; während aber die Stadtarchitektur eine im wesentlichen fortlaufende Entwickelung aufweist, die nur da unterbrochen ist, wo die politische Geschichte des Landes eine Weiterbewegung nicht zuliess, ist der Landbaukunst nur eine mässige Entwickelungsfreiheit, häutig sogar eine Erstarrung eigen, die uns aber einen tiefen Blick thun lässt in den geschichtlichen Werdeprozess und in den unbewussten Drang der Volksseele. Unverfälschter als in der ersten kommt in dieser die lebendige Kraft des nationalen Empfindens zum Vorschein, die ein so feines Verständniss für die eigenthümliche Natur des Landes verrät, dass sie zum Spiegelbild der in der Tiefe wirkenden Kultur- und Kunst­regungen wird. In der leichtgewellten Bodenbewegung, die fast einem erstarrten Wogenmeere gleicht, inmitten üppig-fruchtbarer Saatengefilde, die der Fleiss von Generationen einst dem feuchten Moorboden oder dem Geäst dunkler Kiefernwälder abrang, im klaren Spiegel kleiner Seeen, deren Röhricht und Binsen von mancher geheimnissvollen Sage lispeln, oder inmitten grosser, weiter Haiden steht das märkische Dorf und mit ihm breit und fest, wie ein steinerner getreuer Eckard die Dorfkirche, ein Bild märkischer Kraft oder wenn die unbarmherzige Furie Krieg mit ihren Brandzungen einst den starken Riesen gefällt hatte, als malmendes Denkmal an früheres Leid und Ungemach. Die Volksseele begreift in ihrem Bilde jene Kraft, die mit dem Lichte des Christentums in das dunkle Walten einer entlegenen Vorzeit hineindrang, und in harter Arbeit erst die Stätte ihres heutigen Wirkens schuf. Der geheimnissvolle Schauer vor dem Kampfe des Heidentums sp inn t, poetische Sagen um die altersgrauen Steine, bald sind es überirdische Helfer, welche wie in Biesenthal den Bau vollendet haben, bald wirkt

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