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Die Dorfkirehen <ler Mark.
ein anekdotenhaftes, fast humoristisches Ereignis dabei mit wie bei einer Kirche der Ukermark, wo die Ohrfeige eiues von Stülpnagel, dem Junker von Holtzendorf gegeben, den Bau der Kirche bewirkte. Auch Schätze sollen einst in denselben gewesen, die gewöhnlich von den Franzosen geraubt sein sollten oder inan will sie, wie in Taschenberg bei Prenzlau an 4000 Thaler Goldes schwer, in dem Brandschutte gefunden haben. Dann werden wunderliche Zeichen, die Zufall oder gläubige Einfalt dem Bauwerk einst eingefügt haben, mit reichster Sagenornamentik umrankt. Bald sind es wunderliche Inschriften wie in Gerswalde, bald altheidnische Kornmühlen, sogenannte Hünenhacken, bald altkatholische Weihekreuze, deren Bedeutung längst vergessen ist, wie in Harden- beck i. U., bald aber auch die Schleifrillen der vielen märkischen Kirchen, die immer wieder Veranlassung zu sagenhafter Deutung geben. Denn alles, was dem Volke unerklärlich oder auch unheimlich ist, verliert hier an diesen steinernen Riesenamuletten seine Zauberkraft und wird auf diese Weise unschädlich gemacht. An der Kirche zu Teschendorf beiindet sich ein Konsolstein, dessen verwitterte Oberfläche bei einiger Phantasie die Züge eines Menschenkopfes erkennen lässt; im Volksglauben wird er direkt zu einem solchen gemacht und, wenn ich nicht irre, als ein Mönch gedeutet. Andererseits strebt der Sinn dahin, durch gewisse Handlungen wie einen Umgang um die Kirche ein übermenschliches Ziel zu erreichen. In Cöpenick kann die in den Teufelssee gebannte Fürstentochter durch dreimaliges Tragen um die Kirche erlöst werden. Auch glaubt man durch künstlerische Leistungen an die Kirche eine That sühnen zu können wie in Helle, einem Dorf der Priegnitz, wo der Bauer, welcher während der Predigt pflügte und durch Unversehen dabei seinen Jungen tötete, nun durch Stiftung von gemalten Fenstern ein stetiger Mahner für spätere Geschlechter wurde. So liessen sich noch mancherlei Züge erzählen von dem Verhältnis der Kirche zu der Sagenwelt des Volkes; die geschäftige Phantasie weiss immer das Unbegreifliche und das vermeintlich Böse mit derselben in Verbindung zu bringen, doch darf ich hier davon absehen, weil diese Ausführungen einen Vortrag für sich beanspruchen und mein Thema sich mehr mit der äusseren Erscheinung der Dorfkirchen beschäftigen soll.
Mannigfaltigkeit und Unregelmässigkeit sind charakteristische Merkmale des märkischen Kirchenbaues. Zwar drängt sich ein bestimmter Typus vor, der durch den dem Schiff vorgelagerten, gleich breiten Turm, dessen gegiebelte Seitenmauern ein Satteldach tragen, bestimmt wird; daneben aber lassen sich die verschiedensten Bildungen verfolgen. Hier ist der Turm zu einem quadratischen, vorgebauten eingeschränkt, der in zierlicher Spitze emporstrebt, dort wieder erhebt er sich als schlanker Dachreiter über dem gewaltigen Dache, das gleich Adlers- fittichen den Bau schirmend überdeckt, oder man stellt ihn abseits, wie