Die Dorfkirchen der Mark.
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nennen, erheblich höher stand. Daher hat aber die erstere ein bedeutenderes Ausbreitungsgebiet und eine ausserordentlich lange Blütezeit erlebt, die in der Granitbaukunst Europas überhaupt einzig dasteht.
Schon in der vorhin gegebenen Darstellung der Verteilungstypen märkischer Kirchen ist auf das häufige Vorkommen der mit breiterem Turm im Norden und im Süden hingewiesen. Dieser breite Westturm ist ohne Zweifel auf die letzten Ausklänge des Romanismus zurückzuführen, der es liebte, auf demselben die beiden westlichen Hauptturmspitzen zu errichten. Bei der noch in diese Zeit fallenden Heidenbekehrung und der sicli hier anschliessenden Aufführung vieler kirchlicher Bauten, blieb man dann unbewusst bei dem alten, aber provinziell eingeschränkten, Schema stehen. Es lässt sich überhaupt das Abfliessen der im Romanismus gebrauchten Formen nach Niederdeutschland auf dem Wege über Magdeburg, der Altmark und der Priegnitz ganz gut verfolgen, nur mit der Nebenwirkung, dass das widerstandsfähige, hier gebrauchte Material und die wirtschaftlichen Verhältnisse auf eine Vereinfachung drangen. Neben dem schon erwähnten von Zemitz ist hier, wenigstens in der Gestalt des Westturmes, Biesenthal, Gerswalde, Kuhtz zu erwähnen, zu denen sich noch in späterer Zeit Tecliow, Bläsendorf, Tacken, Viesecke, alle in der Priegnitz gelegen, zugesellen. Bei diesen Kirchen fehlt der Chor und die Apsis, woraus der Schluss gezogen werden kann, dass dieser in der ältesten Zeit bei uns überhaupt nicht, wenigstens im Norden nicht, gebräuchlich war. In späterer Zeit, um dies gleich vorwegzunehmen, baute man bisweilen unmittelbar an das Schiff eine grosse halbrunde Nische von gleichem Durchmesser, eine Form, die ihr Vorbild ebenfalls in der Altmark, in Clinke, besitzt und durch die Kirchen zu Wustermark, Bötzow und andere fast bis in die nächste Nähe von Berlin gedrungen ist. Die Technik in diesem nördlichen Gebiet ist auch in der ältesten Zeit nicht immer die vorzügliche, welche den Süden auszeichnet; nur dürftig sind die grossen, etwa 40 cm im Durchmesser haltenden Steine behauen, aber mit einem so vorzüglichen Mörtel verbunden, dass derselbe heute fast härter als der Stein geworden ist. Je weiter aber diese Bauweise nach Osten vordrang — sie gebrauchte ein Jahrhundert zu ihrer vollen Entwickelung — um so mehr vervollkommnete sie sich, bis sie in der Uckermark ihre höchste Blüte erreichte. In vielen Dörfern: Kuhtz, Falkenwalde, Klosterwalde, Thomsdorf, Schmöllen, Bertikow u. a., in kleinen Stadtkirchen wie Zehdenick, Templin, Lychen, Fürste nwerder finden sich diese Kirchen. Die Gesteine sind bei ihnen zu Quadern behauen, die in regelmässigen Schichten gelagert und durch Mörtel fest verbunden sind. Dann werden aber auch dem harten Materiale Kunstformen abgezwungen, die, weil sie bescheiden sind, echt stilgemäss wirken. An den Laibungen der Portale, die auch mit Abfassungen versehen sind, von den Gesimsen, den Blenden