Heft 
(1894) 3
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Die Dorfkirchen der Mark.

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besitzen, doch für das volkstümliche Kunstempfinden nicht ohne Be­deutung sind. Zunächst wurden die Feldsteine fast garnicht mehr be­arbeitet, es sei denn, man wolle das rohe Spalten der grossen Steine eine Bearbeitung nennen. Höchstens beschränkt man diese auf die Ecken und Portale, die immer wieder von trefflicher Technik zeugen; dafür aber wird der Mörtel auch aussen reichlicher zugesetzt, so dass es nur ein kleiner Schritt war, in diesen künstliche Fugen einzuritzen (Zernitz, Claushagen), ja man versuchte selbst Friese auf diese Weise herzustellen, was alles immer mehr dahin führte, die Aussenwand mit Mörtel zu bewerfen und eine Putzfassade zu erzeugen. Jetzt, vorzugs­weise im 15. Jahrhundert, wird der breite Turm durch den quadratischen ersetzt, eine Wandlung, die schon durch einzelne gotische Kirchen des Rheinlandes vorbereitet war und die in späterer Zeit immer häufiger zu finden ist. Interessant ist es aber, in dieser Zeit das Nachklingen der Gotik zu verfolgen, welch letztere, nachdem ihre Rolle in der Hoch­kunst der Städte längst ausgespielt war, noch bis in das vorige Jahr­hundert, ja selbst bis in das 19. hinein, im Anschauungskreise des länd­lichen Architekten weiterlebt. Meistens erinnern nur die spitzbogigen Fenster mit ihren Backsteinlaibungen an diese, bisweilen aber sind die Turmspitzen in einer prächtigen Weise ausgebildet, die geradezu über­rascht. Zuerst noch schüchtern, als ob sich das Prinzip der massiven, kernigen Granitkunst noch nicht recht hineinwagen wollte in die mehr dem Backstein gefügigere Sprache der Gotik, (Düpow, Gramzow), dann in ungezügelter Schaffensfreude, (Herzberg b. Ruppin, Alt-Küstrinchen, Briest i. U.), um endlich in dem Kampfe zwischen der Mörtel- und Schnörkelkunst des vorigen Jahrhunderts rühm- und thatenlos zu ver­schwinden. Die Formen werden dabei dürftiger, bis sie endlich nur zu dem Fialensystem erstarren, das die Kirche in Seegefeld b. Spandau zeigt.

Der dreissigjährige Krieg bringt eine gänzliche Umwandlung nach sich. Jetzt entstehen Fachwerkkirchen, welche zu einem erheblichen Rückschritt führen mussten. Chor und Apsis verschwinden, die schlechtgebrannten Ziegel werden mit Lehm beworfen und geweisst und immer mehr würde der annselige Bau zu einem trivialen Bedürfnissbau werden, wenn sich nicht in dem Bestreben, den Turm wenigstens künstlerisch zu verzieren, ein Gegengewicht zu diesem banausischen Streben herausgebildet hätte. Es ist die Zeit, da die sogenanntewelsche Haube sich in Deutschland zu verbreiten begann. Bei vielen älteren Kirchen, welche lange Zeit als Ruinen standen, wird der Turm nur noch als unteres Geschoss stehen gelassen und als eine Art Vorraum zum Kirchenschiff gezogen, dafür setzte man einen Fachwerkturm als Dachreiter auf den Stumpf des alten (Hohenkrähnig b. Schwedt, Ziesow i. U., Dahlwitz, Schöneiche, Schöner­mark, Diedersdorf, Marienfelde, Biesenthal, Blankenfelde b. Berlin, selbst bei Fürstenwerder), oder man liess den quadratischen Westturm in