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16. (8. ordentl.) Versammlung des VIII. Vereinsjahres.
dies in Folge von Klagen des Herrn Dr. Bolle, nach dessen Beobachtung der damalige, inzwischen verstorbene Direktor des Botanischen Gartens unter dem alten Baumbestand „wie der Würgeengel umhergingo“.
Der Minister antwortete hierauf folgendes:
„Berlin, den 9. Januar 1890.
Dem Verwaltungs-Ausschuss erwidere ich auf die Eingabe vom 4. Oktober v. J , dass ich Anordnung getroffen habe, dass auf die Erhaltung des alten Baumbestandes im hiesigen königlichen Botanischen Garten, bezw. der Anpflanzungen daselbst, welche lokalgeschiehtliche Beziehungen haben, in Zukunft thunlichst Bedacht genommen wird. gez.: v. Gosslcr.“*)
Damals wusste man — wenigstens in der Öffentlichkeit — noch nichts von dem drohenden Schicksal dieses kostbaren, den Dryaden und der Göttin Flora geweihten Haines. Geholfen hat der Ministerial-Erlass leider nicht viel. Der Garten-Direktor hatte eiligst, so viel er konnte, herunterschlagen lassen und damit schon damals bewusst oder unbewusst der von der Bürgerschaft und von allen Baumfreunden so hart verurteilten fiskalischen Ausnutzung des Gartengeländes Vorschub geleistet.
Andere Völker sind uns im Schutz der natürlichen Denkmäler bereits weit voraus. Namentlich gilt dies von den Franzosen. Das französische Denkmäler-Schutzgesetz vom HO. März 1887, welches bereits auf der Generalversammlung der gedachten Geschichts- und Altertums-Vereine zu Mainz i. J. 1887 als Vorsitzender von mir gerühmt wurde**), führt im Kapitell die Überschrift: „Immeübles et monuments historiques ou megalithiques“, unterscheidet also mit Vorbedacht die eigentlichen menschlichen Monumente von den nicht hierzu zu rechnenden anderweitigen Immobilien und macht beide Gruppen zum Gegenstand des nationalgeschichtlichen Schutzes. Dies wird ausdrücklich im Artikel I bestätigt, welcher der Schutz-Klassierung im Sinne des Gesetzes, sowohl die „iinmeubles par nature“ wie die „im- meubles par destination“ unterwirft. Unter diesen „iinmeubles par nature“, diesen „natüi’lichen Immobilien“, welche die zu schützende geschichtliche Landes-Physiognomie betreffen, werden aber recht eigentlich und unzweifelhaft in vielen Fällen einzelne Felspartien, einzelne Bäume, Baumgruppen, ganze landschaftliche Prospekte u. dergl. verstanden werden können, insbesondere wenn sie als Wohnstätten, Opferplätze, Versammlungsörter pp. gedient haben, aber sicherlich in einzelnen Fällen auch da, wo dies nicht der Fall ist und wofür, um nach der neuen Welt überzuschweifen, der unter den strengsten Schutz- bestiinnmngen der Vereinigten Staaten von Nord-Amerika stehende Yellowstone-Park das grossartigste Beispiel liefert.
*) Korrespondenzblatt 1890, S. 17 und 111, von mir als Vorsitzender der Hauptversammlung zu Schwerin i. M. am 9. September 1890 zur Sprache gebracht.
**) Korrespondenzblatt 1888, S. 133.