Heft 
(1900) 9
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18. (8. ordentl.) Versammlung des VIII. Vereinsjahres.

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Lyoner Fabriken stammen. Siutl sie auch heute ver­blasst, so leuchteten sie einst in voller Farbenfrische, deren Spuren an geschützten, gefalteten Stellen noch ersichtlich ist. Von dem einfachen Band zu prunk­vollen Brokatgeweben und zarten Damast- und Spitzen­arbeiten, bestickt, gewirkt, selbst bedruckt und be­malt, bilden sie den wichtigsten Teil der Gabe, die, einem Familienschatz vergleichbar, von den Gene­rationen bewahrt und bewacht wurden. Man scheut sich auch noch heute, sie zu vernichten, lässt sie lieber auf dem Kirehboden verkommen oder vergräbt sie, als dass man sie absichtlich zerstört. Auch die Sage hat sich dieser Kronen bemächtigt, wie unsere Mitglieder bei dem Besuche der Klein-Machnower Kirche erfahren konnten. Nacli der Überlieferung ist die eine der dort vorhandenen Kronen von einem Fräulein von Hake im Wahnsinn über den Tod ihres Bräutigams geflochten worden, während die andere von Burschen dem Andenken eines Genossen gestiftet wurde, den sie in einer Rauferei erschlagen hatten.

Das Wandbrett oder in Ersatz eines solchen ein in Herzform geschnittenes Blatt Papier enthielt neben den Personalien einen Spruch, der meistens dem Gesangbuch oder der Bibel entnommen aber auch in volkstümlicher Weise gedichtet wurde. Von der tiefen Andacht einzelner dieser Dichtungen hier wenige Proben:

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Totenkrone m. Pappen. Seren.

Kr. Oststernberg.

Kissen mit Aufnäh­arbeit u. Bändern. Kemnitz bei Werder. Märk. Pr.-Mus.

Du teures Kind, Du fehlst uns allen,

Die Freude sank mit Dir hinab!

Ach, unsre Rose ist gefallen,

Als Knospe brach der Tod sie ab!

(Bölkendorf 1869.)

In Prenden heisst es an einer Stelle:

. Ilold wie der Lenz im Rosenmorgen glüht,

So prangtest Du in süsser Unschuldsfülle!

Als zarter Sprössling uns zur Lust geblüht, Der Jugend Schmuck, mit liebevoller Hülle. Doch rasch entriss die bittre Todeswut Dich unerbittlich Deiner Lieben Herzen;

Es folgt Dir sanft der Lieben Thränenglut Mit tiefem Kummer, Gram und Seelenschmerzen. Nimm noch an Deinem Grabe meinen Segen Geliebte Seele, Du warst fromm und gut;

Dort kommt die längst beweinte Dir entgegen Gehüllt im Glanz (und frommer Huth?) 1853.