Heft 
(1900) 9
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24 Robert Mielke, Totengebrtiuche und Totensagen in der Mark.

Bisweilen folgt der direkten Anrede eine Erwiderung wie im fol­genden :

In der schönsten BlUtenzeit Gingst Du schon zur Ewigkeit;

Die Deinen trauern sehr uni Dich Und weinen um Dich bitterlich.

Ach liebstes Mutterherz,

Stellt Euren Mut zufrieden,

Lasst fahren Angst und Schmerz,

Dass ich von Euch geschieden;

Der so mich Euch gegeben

Nimmt wieder hin mein Leben. (1849. Bölkcndorf.)

Oder es klagt die Verstorbene in freier Umbildung eines alten Kirchenliedes von Zacharias Werner:

Mein Ilcrzensvater weint Ihr noch,

Und Du, die mich geboren?

Was grilmt Ihr, was macht Ihr doch?

Ich bin ja unvcrloren.

Ach! sollt Ihr sehen wie mirs geht Und wie mich der so hoch erhöht,

Der selbst so hoch erhoben.

Ich weiss, Ihr würdet anders thnn Und meiner Seele süsses Kuhn Mit Eurem Munde loben.

So gebt Ihr Liebsten mich doch schlecht Dahin in Gottes Willen.

Sein Kat ist gut, sein Thun ist recht,

Er wird wohl wieder stillen

Die Schmerzen, so er Euch gemacht,

Und hiermit sei Euch gute Nacht Von Eurem Kind vergönnet.

Es kommt die Zeit, da mich und Euch Vereint der Tod in seinem Reich;

Der mich und Euch jetzt trennet.

(Sehweinrich: Prignitz 1861.)

Diese Bitte an die Überlebenden, die Thränen zu stillen, kehrt sehr häufig in den Poesien wieder und erinnert an die uralte, schon in der Edda (Edda, herausgegeben v. Wolzogen S. 260), dem Nibelungenliede (Abenteuer 88, Strophe 2289) erwähnte, und von dem Pfarrer lleltnold von Bosau für das 12. Jahrh. bezeugte Sage von dem Thränenkrüglein, das durch die Uiräneu der Mutter zum Überlaufen voll wird. Diese durch viele Volkslieder (Talvj, Volksl. der Serben, Halle 1836 l. 67.; Hoffmann, Schlesische \olksl. Nr. 290) und Sagen auch für die Mark Brandenburg (v. Schul. S. 288, Gand. Nr. 208, 209) bestätigte Sage