Heft 
(1900) 9
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18. (9. ordentliche) Versammlung des VIII. Vereinsjahres.

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and Giovanni von Bologna interessiert; bekanntlich kopierte er später des letzteren GruppeHerkules mit einem Centaur kämpfend nach einem Kupferstiche . . . Wie gross muss wohl sein Genie und sein Selbstvertrauen gewesen sein, als er sich in Rom 1786, ohne jede Protektion, um die goldene Medaille der Akademie von San Luca, eine Stiftung des Marchese di Balestra, bewarb, trotz zahlreicher begünstigter Kon­kurrenten aller Länder. Und er gewann wirklich die Auszeichnung mit seiner halblebensgrossen ThongruppePerseus und Andromeda, einen Preis, der im Angesicht des ganzen festlichen Roms verliehen wurde. In Berlin erregte die Nachricht, dank der Verbreitung durch mütterlichen Eifei-, natürlich die grösste Sensation. Mutter Schadow schrieb nach Rom: Der Minister Hess mich rufen, man empfing mich mit aller Achtung, als wenn ich von Stande wäre. Alles was sie auf dem Herzen hatte, wälzte sich die brave Frau in dieser 3 / 4 -stündigen Audienz herunter, und dass Meister Tassaert übel dabei fortkain, lässt sich erraten. Der Minister gab sein Wort, den jungen Schadow im Auge zu behalten.

Damals starb der grosse König. Die Frage eines nationalen Denkmals begann akut zu werden.

Schon früher waren Pläne aufgetaucht. Tassaert hatte damals ein Modell geschaffen; aber Friedrich verbat sich die monumentale Aus­zeichnung bei Lebzeiten. Jetzt traten die Künstler für diese dankbarste Aufgabe der Zeit massenweise in Aktion. In Rom z. B. fertigte der Göthe nahegestandene Schweizer Bildhauer Trippel ein Wachsmodell. Schadow schuf dort gleich 2 Entwürfe, eine Reiterstatue von antik­heroischem Charakter und ein Grabmal, wo halb aufgerichtet der König auf einem Sarkophag ruht, umgeben von den 9 Musen. Das Studium des Rosses beschäftigte ihn für diese Denkmalsaufgabe ganz besonders. Er studierte ausser dem Reiterbild Mark Antons auf dem Kapitol, auch die Paradepferde der römischen Patrizier, wahre Prachtexemplare mit langen Schweifen. Für die Quadriga auf dem Brandenburger Thor kamen ihm diese Studien ebenfalls sehr zu gute. Schadow berichtet von der Fülle der Denkmalsprojekte, die in Berlin einliefen. Die extra­vagantesten Ideen leisteten sich die Architekten: Pyramiden-Bauten

mit Kuppelsälen oder griechische Säulentempel auf Unterbauten mit Freitreppen, wobei die Königsstatue selbst zur Nebensache zusammen­schrumpfte. Der junge geniale Gilly, Schinkels Lehrer, leistete darin das Beste. Einstweilen blieb die Entscheidung aus. Aber unser Bild­hauer erhielt, als eine Art Anerkennung seiner Arbeiten, mit der Ernennung zum Hof-Bildhauer gleichsam die Anwartschaft auf die einstige Aus­führung, die in der That sein ganzes Schaffen würdig gekrönt hätte.

Meister Tassaert starb nämlich im Jahre 1788 mitten in rüstiger Thätigkeit. Auch jener Alexander Trippei, der nach Berlin ambirte, konnte als Bewerber für die vakante Stelle gelten und wurde in der.