Heft 
(1900) 9
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18. (9. ordentliche) Versammlung des VIII. Vereinsjahres.

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Schildow unbedingt damals der beste deutsche Bildner. Auch war Berlin nicht grade ann an schönen sejiulkralen Werken: Das Sparrsche

Monument in der Marienkirche von Quellinus und das Männlichsche Erbbegräbnis in der St. Nicolaikirche von Schlüter sind Schöpfungen von kunstgeschichtlicher Bedeutung.

Ebenso tragen die meisten andern Arbeiten in dieser Frühzeit das Gepräge eines engen künstlerischen Anschlusses an die Antike. Das erscheint bemerkenswert auch für den Stil seiner damaligen Reliefs. Kür die eine Gruppe seien als Beispiele nur genannt die vier Supraporten, Reliefbilder im Gelben Pfeilersaal des Berliner Schlosses; sie gelten der Verherrlichung Alexanders des Grossen als Förderers der Künste. Bezüglich der andern Gruppe erinnere ich nur flüchtig an die Skulp­turen des Brandenburger Thores, welches damals Langhaus vollen­dete: zunächst an die 1789 entstandenen Modelle der 4 Rosse, denen erst fünf Jahre darauf die Siegesgöttin hinzugefügt wurde; während der in einer Seitennische auf einem Felsblock rastende behelmte Kriegsgott schon vorher fertig war.

Dass Schadow sich nicht auf dieser einmal erfolgreich betretenen Bahn des Klassizismus konsequent weiter entwickelte, dass, im Ge­genteil, das in seiner Kunst vorübergehend unterdrückte Vaterländische immer sichtlicher wieder zum Ausdruck kam, wurde schon hervorgehoben. M an muss dabei aber wahrnehmen, dass sein am märkischen Boden haftendes, durch die Erinnerungen an die grosse friderizianische Zeit genährtes, also gleichsam konkretes Ileimatsgefühl doch dem Wesen nach verschieden war von jener nationalen Begeisterung, die darauf durch die Befreiungskriege erwachte. Während Rauch selbst in der Ferne, in Italien, im Geiste der deutschen Volksbewegung ergriffen folgte findet sich in Schadows Schriften nicht eine Stelle, die auf ein gleiches Mitgefühl schlie.ssen lässt. Er blieb Preusse der frideri- zianischen Zeit; und diese reaktionäre Empfindung liess ihn auch als Künstler nur bis zu einer gewissen Grenze der neuen formalen Richtung folgen, die immer deutlicher den künstlerischen Ausdruck des neuen Zeitgeistes bildete. Am meisten gefördert hat seinen Umschwung zum Realen natürlich die grosse Aufgabe seines Lebens: das Friedrichs- Denkmal.

Gerade im Jahre der Vollendung des Grabmals in der Dorotheen­städtischen Kirche lebte der Plan für jenes National - Monument wieder auf, dieses Mal an zwei Stellen, in Berlin und in Pommern. Für Berlin erklärte der regierende König das Werk auf seine Kosten herstellen zu wollen. Ferner dekretierte Friedrich Wilhelm II: es müsse eine Statue im römischen Kostüm werden,weil unsere zusammengestickte faltenlose Kleidung sich in solchem Denkmale nicht zieme.