18. (0. ordentliche) Versammlung des VIII. Vereinsjahres.
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Er hat liier vom Zeitkostüm abgesehen und alles antikisiert. Auf dem Relief „Bellealliance“ z. B. trägt der Held über der langen Hose eine römische Tunika und auf Brust und Schultern Kopf und Fell eines Löwen als symbolischen Ausdruck des Löwenmutes.
Dieses so freundliche Verhältnis zu dem Dichter, das auch in 2 Büsten und 1 Medaille damals Ausdruck fand, beendete gleichzeitig einen früheren Konflikt, aus dessen Anlass er einmal schrieb: „Herr von Göthe hatte Grund, mir nicht freundlich zu sein. In den Propyläen hatte er das Kunsttreiben Berlins als prosaisch geschildert; in einer anderen Zeitschrift hatte ich hierüber eine andere Ansicht gegeben, und er war damals dergleichen Dreistigkeiten nicht gewohnt.“
Göthe widmete nämlich damals (1801) in einer „flüchtigen Übersicht über die Kunst in Deutschland“ Schadows Heimat die folgenden scharfen Woite: In Berlin scheint . . . der Naturalismus, mit der Wirklichkeits- und Nützlichkeits-Forderung, zu Hause zu seyn und der prosaische Zeitgeist sich am meisten zu offenbaren. Poesie wird durch Geschichte, Charakter und Ideal durch Porträt . . . das allgemein Menschliche durchs Vaterländische verdrängt. Vielleicht überzeugt man sich bald: dass es keine patriotische Kunst und patriotische Wissenschaft gehe. U. s. w\“ Schadow, im Bewusstsein, Werke w'ie jenes Grabmal von der Mark und die Prinzessinnen - Gruppe geschaffen zu haben, konnte sich wohl am meisten getroffen fühlen; und seine Antwort in der „Eunomia, Zeitschrift des 19. Jahrhunderts“ war ebenso deutlich wie erschöpfend. Das also war der Grund der Verstimmung des Dichters; aber wir haben ja erfahren, dass er die Genugthnung erhielt, seinen ehemaligen Gegner später gefügig einlenken zu sehen.
Schadows Verdienste um das heimische Kunstleben seiner Zeit waren aber zum Glück gross genug, um nicht Gefahr zu laufen, durch eine derartige Inkonsequenz herabgemindert zu werden. Bekanntlich rechnet man zu diesen Verdiensten auch seine Thätigkeit als Direktor der Berliner Akademie; sie umfasste von 1816 bis an sein Lebensende volle 34 Jahre. Aber sie darf nicht überschätzt werden wie überhaupt die Bedeutung der damaligen Akademie, die unter Schadow’ nichts weniger als die Pflanzschule bedeutender Ingenien gewesen ist. Schadows Schuld war es jedenfalls nicht, dass der Unterricht unter seiner Leitung noch immer nach einem sehr veralteten Reglement gehandhabt wurde und dass daher die jungen Talente lieber in die Privatateliers gingen, welche infolge der verzopften akademischen Zustände blühten: so die Maler zu Wach, Karl Begas, Hensel, August von Klöber und die Bildhauer zu Rauch, aus dessen Lehre in der That die besten Kräfte der Folgezeit hervorgingen.
An den Unterricht des „alten Schadow“ knüpfen sich ja die meisten amüsanten Anekdoten, die man von ihm erzählt. Denn hier pflegte er