Heft 
(1900) 9
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Fragekasten.

zwanglos in seiner heimischen Mundart zu plaudern und im Gegensatz zur weltmännischen Art Rauchs vor seinen aufhorchenden Schülern sich gern seiner bescheidenen Anfänge zu erinnern: nicht etwa, um mit seiner Errungenschaft zu prahlen, sondern um den Lernenden vorzuführen, was für einen jeden von ihnen durch unaufhaltsame ernste Arbeit wohl erreichbar wäre. Schadow gehörte zu jenen Kunstlehrern, die sich nicht auf die objektive Lehrmethode d. h. die an der Akademie gegebenen Hilfsmittel verliessen, sondern vor allem subjektiv wirken wollten: durch persönliche Anregungen und durch die Gelegenheit, die er den Schülern bot, durch eigene Wahrnehmung sein künstlerisches und technisches Verfahren zu studieren. , '

So ist es denn die interessante Persönlichkeit, auf die wir schliesslich wieder hingelenkt werden. Die Persönlichkeit, die so sehr das hohe, niemals verblasste Ansehen des Meisters bei seinen Zeitgenossen erklären hilft und an die auch wir heute immer denken müssen, wenn wir seine Bildwerke, Zeichnungen oder seine Schriften vor Augen haben. Immer tritt uns das ehrwürdige Haupt mit dem jovialen Ausdruck sympathisch entgegen und wir erinnern uns dabei wohl der prächtigen Charakteristik Theodor Fontanes, der das Wesen des alten Schadow be- zeichnete als eine Mischung von Griechentum und Märkertum, verbunden mit jenem wundervollen altenfritzigen Humor, der so sehr zur Volks­tümlichkeit dieses Künstlers beigetragen hat.

Fragekasten.

A. S. Aristoteles und die Berliner Judenschlächter Diese scheinbar seltsame Ideenverbindung in einer Urkunde des mittelalterlichen Berlins, wegen welcher Sie anfragen, existiert in der That Die Juden in Berlin, welche bis zum Jahre 1320 Kammerknechte der Fürsten waren, hatten von diesen Rechte erlangt, welche dem Interesse der christlichen Gewerbtreibenden öfters zum Nachteil gereichten.*) So hatten die jüdischen Schlächter krankes, stinkendes und unreines Vieh, sowie solches, das sonst dadurch, dass es zu alt, oder zu jung, oder zu mager war, sich zur menschlichen Nahrung nicht eignete, geschlachtet und verkauft; ferner das Schlachtvieh vor den Thoren, wasjedermann verboten war, aufgekauft, ausgeschlachtet, zerlegt und im Kleinhandel verljükrrt. Hiergegen wurde am7. April 1313**) ein Statut des Katserlassen,das in lateinischer

*) Berlinische Chronik her. durch E. Fidicin, Berlin 1868. S. 80.

**) Fidicin in seiner Ausgabe des Berlinischen Stadtbuchs (Berün 1837 S. 67, woselbst nur der plattdeutsche Text steht\ ferner in der Berlinischen Chronik am angeführten Ort sowie F. Voigt im Urkundenbuch zur Berlinischen Chronik (Berlin 1809 S. 81, woselbst der lateinische Text und eine moderne Übersetzung vor­handen) datieren die Urkunde von 1343, P. Clauswitz in der neuen Ausgabe des Berlinischen Stadthuchs (Berlin 1883 S. 80) vom 7. April 1313.