78 2. (1. ordentliche u. Haupt-) Versammlung des IX. Vereinsjahres.
aber früher schon Kapitalien aaf Zinsen ausgcliehen. Als sie dann den Krug verkaufte, blieb sie trotzdem im Dorfe, wenn auch in einem anderen Hause, zur Miethe wohnen. Seitdem sie nun dort wohnt, war der Drache mehrfach von meinen Leuten bei ihr gesehen worden. Schon von weitem sahen sie die feurige Schlange zum Schornstein hineinfliegen. Sie schlichen nilher und sahen die Witwe bei der Lampe am Tische sitzen und lesen oder Handarbeiten machen. Unter dem Tische aber sahen sie eine kleine weisse Flamme. Das war der Drache. Nach längerer Zeit stand die Frau auf und ging ins Schlafzimmer, gefolgt von dem Drachen, der weissen Flamme. Dasselbe beobachtete ein anderer von meinen Leuten, als er nachts um zwölf Uhr noch einen Lichtschein aus dem Fenster der Frau bemerkte. Diesmal brannte die Lampe nicht; der Drache sass als weisse Flamme auf dem Tische, anscheinend bei einem Haufen Geld, und die Frau sass mit freundlichem Gesicht bei ihm am Tisch. Auch ein anderer Arbeiter, der dies alles erst jetzt von seinen Dorfgenossen erfuhr, hatte den Drachen gesehen. Da stand er bei Sonnen-Untergang am Abendhimmcl in Gestalt einer ganz schmalen, langgestreckten, blauen, horizontal liegenden Wolke, aber mit einem richtigen Kopfe, vier Beinen und einem langen Schwanz.
Auf der Brücke, die man nach Wolfgarten zu passieren muss, erscheint nachts ein Schimmel ohne Kopf; auch hat sich schon abends dort den Frauen etwas auf die Kiepe gehockt, so dass sie sie kaum noch tragen konnten. Das blieb sitzen, bis sie entweder an das Dorf oder den Dorfteich, oder nach der anderen Richtung hin an den Kirchhof kamen“.
c) Priegnitzer Hügelgräber-Sagen, aus einem Bericht in den Verhandlungen derselben Gesellschaft vom 20. März 1897 S. 117 u. 118.
„Während meiner Ausgrabungen auf dem IIügelgrUber-Felde bei Seddin (vcrgl. „Nachrichten über deutsche Altertumsfunde“ 1896, S. 82) unterhielten sich meine Arbeiter angelegentlich über mancherlei Aberglauben, der sich an die Gegend knüpft. Vor allem spukte da wieder die goldene Wiege, welche in einem der Hügel liegen soll; sie wussten leider nicht in welchem, sonst hätten wir sie sicher herausgeholt.
Eine andere Sage knüpft sich an drei sehr grosse Hügelgräber, welche in einer geraden Linie von etwa 3 km Länge liegen. Sie sind jetzt alle drei angegraben, der eine ganz abgetragen. Der südlichste, grösste von ihnen, war bei meinem Besuche noch 8,5 m hoch und hatte die Gestalt eines grossen Kraters, in Folge von Nachgrabungen. Er heisst, nach einem Vorbesitzer, der Garlinsche Berg, häufiger aber noch der Hinzer-Berg, weil nach der Sage in ihm der Riesenkönig Heinz oder Hinze begraben sein soll. Dieser ruht der Sage nach in einem goldenen Sarge, dieser in einem silbernen, der wiederum in einem kupfernen Sarge steht. Der König soll ein goldenes Schwert und andere Kleinodien bei sich haben.
Das nächstgelegene grosse Hügelgrab in dieser Reihe sollte nach der Sage den goldenen Fingerring des Riesenkönigs Hinze bergen. Als vor etwa 30 Jahren Steine daraus zum Wege- und Hausbau abgefahren wurden, so dass etwa die Hälfte von ihm abgetragen wurde, fand man in der Mitte einen goldenen Armring, über dessen Verbleib ich nichts ermitteln konnte.