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Kleinere Mitteilungen.
behalten, zumal in England über 10UU0 Thnlcr gefordert wurden, und daher wurde die königliche Giesserei in Berlin mit dein Aufträge beehrt, den erforderlichen Dampfwagen herzustellen. Gleichzeitig wurtlc an Ort und Stelle mit dem Legen der Schienen begonnen, die damals noch aus Gusseisen gefertigt wurden, weil man den Grad der Abnutzung der Geleise durch den Druck der Wagen noch nicht kannte.
Die Bahn war bald fertig und 1818 wurde auch die Maschine endlich vollendet. Der Dampfwagen wurde auf dem Hofe der Giesserei am Kupfergraben in Berlin in Probe genommen und erregte das höchste Erstaunen aller Zuschauer, als er sich vor und rückwärts bewegte und zugleich noch einen Wagen mit „8000 Pfund Bomben“ nach sich zog. Das Werk schien also glänzend gelungen, die Schwierigkeiten, an'denen auch schliesslich alles scheitern sollte, begannen nun aber erst. Das Ungetüm sollte 750 Kilometer weit bis nach Geislautern im Saargebiet befördert werden, eine Strecke, die die Maschine heute bequem in 24 Stunden hätte zurücklegen können. Damals blieb aber nichts anderes übrig, als die Lokomotive wieder auseinander zu nehmen, die einzelnen Teile in 8 grosse Kisten zu verpacken und dann die ganze 175 Ccntner schwere Fracht auf eine lange Wasserfahrt zu schicken.
Die Reise ging von der Spree aus durch die Ilavel in die Elbe bis Hamburg, dann über die Nordsee nach Amsterdam und wieder hinauf durch den Rhein, die Mosel und die Saar bis nach dem Besimmungsortc. Die zurückgelegte Strecke betrug 1700 Kilometer und die Reise erforderte 4 ’/2 Monate Zeit und 500 Mk. Kosten. Im Frühjahr 1819 traf die kostbare Fracht in Geislautern ein, und es war nun den dortigen Technikern überlassen, was sie mit den einzelnen Teilen der Maschine anzufangeu wussten. Da ihr Erbauer nicht mitgeschickt war, so musste man sich eben aufs Probieren legen und es ging nun an ein Zusammensetzen, Schrauben und Passen, ohne dass sich ein Erfolg einstellen wollte.
Als man ziemlich so weit gekommen zu sein glaubte, dass man an ein Heizen des Dampfwagens denken konnte, da erwiesen sich wieder der Kessel und die Dampfcylindcr als zu undicht und cs gab viel Kopfzerbrechen, wie man dem Übelstande abhelfen sollte. Man verbrauchte dazu gewaltige Mengen von Hanf, Kitt, Öl und Leinewand, auch ganz absonderliche Stoffe, wie Mischungen von Essig und Mehl, sogar Kindsblut und Käse, aber alles vergeblich. Briefe und Autworten flogen zwischen der Saar und Berlin hin und her. Die Erbauer beriefen sich auf die „8000 Pfund Bomben“ die der Wagen im Giesshause gezogen hatte und die in Geislautern wären ganz froh gewesen, wenn er nur überhaupt einmal ein Rad gerührt hätte.
Endlich, nach jahrelanger Quälerei, und nachdem für die Zusammensetzung der Maschine im ganzen 1965 Thaler 17 Silbergroschen ausgegeben waren, liess sie sich herbei, sich in langsamem Tempo in Bewegung zu setzen, einen anderen Wagen aber hat sie überhaupt niemals gezogen. Man that schliesslich das beste, was zu thun übrig blieb und verkaufte im Jahre 1833 diese Lokomotive für 335 Thaler, 6 Silbergroschen 7 Pfennig als altes Eisen, gerade zu derselben Zeit, als zu Nürnberg und Fürth die Aera der