Kleinere Mitteilungen.
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deutschen Eisenbahn criiffnot wurde. Jene älteste Lokomotive hatte, die Kosten der Zusammensetzung ungerechnet, einen Aufwand von 3107 Thalern erfordert. MHrk. Hausfreund 30. 4. 1899.
Der „Hungerturm“ in Berlin. Wohl jedem, der die Prenzlauer Allee passiert, Hillt nördlich der Ringbahn ein eigenartiges, turmühnliches Gebäude auf, das im Volksmunde den Namen „Hungerturm“ führt und zwar aus folgendem Grunde: Vor etwa 25 Jahren wurde das hohe, auf einem Hügel sich erhebende Gebäude von einem alten Almosenempfänger bewohnt, der von dom Eigentümer für ein paar Groschen eine Stube gemietet hatte. Andere Mieter fanden sich nicht, da der „Turnt“, wie schon damals das Haus kurzweg hiess, in dem Gerüche stand, nicht recht geheuer zu sein. Der einzige Mieter kam an jedem Morgen nach dem an der Chaussee liegenden Wirtshaus, um die für den Tag erforderlichen, recht kärglichen Lebensmittel einzukaufen. Eines Tages blieb der Alte jedoch aus. Da gerade Markttag war, so wurde das Ausbleiben nicht bemerkt. Am zweiten Tage erschien der Alte ebenfalls nicht, und erst jetzt erinnerte man sich seiner. In der Annahme, dass der Greis erkrankt sei und nun Not leiden müsse, rüstete sich der Wirt mit Lebens- und Stärkungsmitteln aus und begab sich mit seinem Sohne, der diese Geschichte unserm Mitarbeiter erzählte, nach dem Turme. Dort fanden sie vier kahle WÜnde, eine Art Bettstelle mit einem Strohsack, einen wackligen Tisch und eine gebrechliche Kiste als Stuhl. — Das war die ganze Einrichtung. Auf dem Strohsack lag der Bewohner dieser elenden Behausung als Leiche. Wie die ärztliche Untersuchung ergab, war der Greis aus Mangel an Nahrung gestorben. Unter der Leiche aber, in dem verfaulten Stroh, fand man in Gold und Silber eine beträchtliche Summe vor, von der niemand eine Ahnung hatte, und deren Zinsen genügt hätten, dem Alten ein menschenwürdiges Dasein zu schaffen. Schmutzigster Geiz hatte also den Verstorbenen schliesslich dahin gebracht, auf seinen Schätzen zu verhungern. Das Gebäude hiess fortan und heisst nocli heute der „Ilungerturm“. Bewohner hat es seit jener Zeit nie wieder gehabt, denn selbst der Ärmste fürchtete sich vor dem Geist des Geizhalses, der dort noch jetzt umgehen soll.
D. T. Z. Berlin 17. Dez. 1898.
Volkstümliche Verwendung von Muscheln und Schnecken (Nachlese). Unsere brandenburgischen essbaren grossen Süsswassermuscheln (Unio und Anodonta) hatte ich in der Brandenburgs am 5. Januar 1898 (Monatsblatt IV 414) ausgestellt und mit dem Bedauern besprochen, dass man nicht versuche, sie zu essen. Nun finde ich in der Wochcnbeilage zum Berliner Tageblatt vom 23. Nov. 1899 S. 309 folgeude Mitteilung.
„Falsche Schildkrötensuppe. Echte Schildkrötensuppe ist mehr in der Einbildung als in Wirklichkeit, weil nicht jedermann zugänglich, eine Delikatesse, denn jede gute Fleischbrühe oder Bouillon ersetzt sie so gut, wie die falsche, die als Volks, suppe eingeführt zu werden verdiente. Aus den vielerorts massenhaft vorkommenden Tieren der gewöhnlichen aus der Flussperlmuschel (Unio margaritifera) oder aus der Teich-Schwanenmuschel (Unio. Anodonta cygnea) wird diese vorzüglich schmeckende