Heft 
(1900) 9
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3. (2. ordentliche) Versammlung des IX. Vereinsjahres.

beschrieben:Altardecko von Leinewaud, 3 m lang, 1,30 m breit; auf der Kelchseite zwei, auf der Brotseite ein agnus dei in blauen Leinen- fiulen eingestickt. Daran angeniiht als Antependium ein "»,25 in langer,

1 in hoher gewirkter Teppich mit der Jagd des Einhorns in Figuren von \s Lebensgrösse, unter denen aber der Engel mit dem Jagdhorn und den Hunden fehlt. Architekturen und Kostüme weisen auf die Mitte des XV. Jahrhunderts. Dürfte zu dem Altar der Liebfrauengilde von 1463 gehört haben.

Beide kurze Quellen rühren von dem hervorragenden Kenner kirchlicher Altertümer, evangelischen Pfarrer E. Wer nicke in Loburg her. Derselbe hat sich alsdann im XXLXXV. Jahresbericht des historischen Vereins zu Brandenburg a II. (1814, S. 114) aus­führlicher in einer Mitteilung ausgesprochen, welche sich betitelt: Ein Antependium der St. Gotthardt-Kirche zu Brandenburg. Mit Abbildung. (Nach einer Photographie von Fr. Schroeder in Bran­denburg all.)

Ich entnehme hieraus die sehr genaue Beschreibung der steif und unbehiilflich, aber in ersichtlich konventionellem Stile ausgeführten Darstellung.

Vor einem bergigen, mit allerhand Burgen- und Kirchenbauten und einzelnen Bäumen besetzten Hintergründe nllmlich, inmitten eines teils mit iihnlichen BUumen, teils mit grossbllittrigen Lorbeerbüschen und allerhand Blumen geschmückten Gartens, zur Seite eines zweiröhrigen Lautbrunnens mit sechseckigem Stltnder und Becken sitzt auf einer polygonalen Steinbank eine Dame in pclzbesetztcm Brokatgewande, welche mit der rechten Hand die Vorderfüsse des in ihren Schoss geflüchteten Einhorns hiilt, mit der Linken aber das grosse, senkrecht nach oben gerichtete narwalartige Horn desselben umfasst. Von der Hechten wie von der Linken naht ihr eine beiderseits vollkommen symmetrisch geordnete Gruppe von je fünf Personen. Zunlichst zur Rechten ich redo immer nach heraldischem Gebrauch, von dem recht zu wünschen wäre, dass er gleichmassig in die gesamte Bilder­beschreibung eingeführt würde schreitet eine mit hermelinbesetztem Kleide und der grossen eigentümlichen Schleierhaube der Zeit bekleidete Dame heran, welche mit der Linken ein Glas unter die eine Röhre des Laufbrunnens hiilt, wiibrend die Rechte mit auffällig gespreiztem Daumen lässig herabhängt. Ihr folgt ein Reiter im langen, mit Schlitzürmcln zum Durchstecken der Arme des Untergewandes versehenen Brokatmantel und niedrigem, schmalrandigem Filzhute; auf der linken Faust trügt er einen flatternden Falken, sein Pferd, ein Fuchs, scheint zaudernd still zu stehen. Hinter diesem kommt ein Fussgünger mit demselben Hute, aber desto kür­zerem, kaum über die Hüften reichendem, jedoch mit denselben langen Schutzärmeln versehenem Rocke; er hebt die linke Hand verwundert in die Höhe, während die herabhängende Rechte einen kurzen Stock führt. Den Schluss machen eine Dame und ein Herr zu Fuss, gepaart, die Dame in derselben Tracht wie die am Brunnen stehende, nur ohne die Hermelin^