Die Märkischen Seeen.
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Altersgenossen unter den Lnftbewohnern aufweisen, besitzen nun aber an ihren Atumngsorganen Abänderungen, welche sie für das Wasserleben geeigneter machen. Bei den Larven und Puppen unserer Mücken enden die Tracheen in zwei Röhren, welche ein Stückchen über den Körper hinausragen, so dass die Tiere nicht mehr mit ihrem ganzen Körper an die Oberfläche des Wassers zu kommen brauchen. Erst die Larven der Köcherfliege haben ein echtes Wasseratmungsorgan; da sie in schweren Gehäusen wohnen, so können sie sich nur mühsam fortbewegen. Die Larven besitzen sog. Kiementracheen. Bei ihnen enden die Tracheen nicht mit einer freien Oeffnung nach aussen, sondern die Oeffnungen sind durch aufgesetzte kleine Federchen verschlossen, so dass die Luft des Wassers durch deren Haut hindurchtreten muss. Auch die Larven der Eintagsfliege besitzen Kiementracheen. Die Kiementracheen sind daher eine ganz eigene Art von Atmungsorgan, das sich seinem Bau nach nicht mit den Kiemen vergleichen lässt. Endlich giebt es in dieser Gruppe noch ein drittes, höchst merkwürdiges Atmungsorgan, das sich bei einigen Nymphen von Wasserjungfern (Libellula, Aeschna) findet. Es sind auch hier Tracheenkiemen vorhanden, aber diese hängen nicht aus dem Körper heraus, sondern in den Enddarm hinein, so dass das Wasser, das in den Darm hineingesogen wird, die Tracheenkiemen umspült. Beim Ausstossen dieses Wassers dient es daneben noch zur Fortbewegung*). Bei diesen Tieren, bei welchen sich die Organe des Wasserlebens undeutlich oder vorübergehend finden, darf man wohl annehmen, dass ihre Vorfahren einst Landbewohner waren und dass sie sich erst allmählich an das Wasserleben angepasst haben, wahrscheinlich, weil der Aufenthalt im Wasser für die Eier und die Jungen in unserem Klima mannigfache Vorteile gewährt. Das Wasser kühlt sich im Frühjahr niemals in einem so hohen Grade ab wie die Luft und macht vor allen Dingen im Frühjahr beim Erwärmen die heftigen Temperaturschwankungen und Rückschläge der Luft nicht mit. Wir linden daher auch im Frühjahr schon Leben in Tümpeln und Teichen, wenn die Luft und der Erdboden noch keine Gäste belierbergen. Dasselbe gilt auch für die Pflanzen. Hier ist es leicht zu beobachten, wie unter einer dünnen Wasserdecke, welche die niedrigen Stellen einer Wiese überzieht, das Gras schon grün ist, w’ährend es auf den höheren trockenen Stellen noch nicht zu spriessen beginnt.
Haben w'ir unter den höheren Pflanzen nur eine einzige gefunden, die eine wahre Wasserpflanze ist, d. h. bei welcher der ganze Lebensprozess sich im Wässer abspielt, so ist es bei den Tieren doch anders bestellt; hier giebt es eine grosse Gesellschaft echter Wasserbewohner,
*) Die Angaben sind entnommen dem Aufsatz: Kerfe und Kerflarven des süssen Wassers, besonders der stehenden Gewässer von Dr. E. Schmidt-Schmidt in „Die Tier- und Pflanzenwelt des Süss Wassers“ von Dr. O. Zacharias. Leipzig 1891, 2 Bd. S. 61.