Heft 
(1900) 9
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Die Märkischen Seeen.

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kann ein regelmässiger Wasserstrom durch den Willen des Tieres an den Atmungsorganen vorübergeführt werden. Genau dieselbe Steigerung im Luftverbrauch zeigen uns die äusseren und inneren Kiemen der Lurche und Krebse bezw. der Fische.

Weiter hinab in der Tierreihe treffen wirnundieMuschelnundSchnecken als bekannte Wasserbewolmer. Und zwar ist es auch nur eine verliältniss- mässig kleine Anzahl von Arten, im Vergleich zu der grossen Zahl der Meeres­bewohner. Dafür sind diese wenigen an Individuenzahl aber auch um so reichlicher vertreten. Der muskelweiche Körper ist ganz für das Wasser­leben eingerichtet, und auch die schweren Schalen oder das Gehäuse sind für Wasserbewohner weniger hinderlich als für Landbewohner. Was an Beweglichkeit verloren geht, wird durch das Schutzmittel reichlich ersetzt. Es ist hier, wie mit den Krebsen, auch sie sind Ueberreste einer ver­gangenen Zeit und gehörten ursprünglich den Meeresbewohnern an. Die auffälligsten unter unseren Muscheln sind die Teichmuschel und die Wander­muschel. Die erstere ist eine bewegliche Muschel, welche auf der hohen Kante ruht und sich mit Hilfe eines beilartigen Fusses langsam vorwärts bewegt. Die Wandermuschel heftet sich dagegen mit Byssusfäden, welche in der Symmetrieebene aus dem Fuss heraus wachsen, fest. Oft bilden sie an lebenden Teichmuscheln grosse Klumpen. Die Entwicklungs­geschichte beider ist höchst verschieden. Die Teichmuscheln bringen eine grosse Anzahl von Eiern hervor, welche sie eine Zeitlang in den äusseren Kiemen beherbergen. Sobald sich aber die jungen Larven etwas entwickelt haben, werden sie klumpenweise ausgestossen. Die jungen Larven haben nur eine entfernte Aehnlichkeit mit dem erwachsenen Tier; vor allem besitzen sie einen langen Byssusfäden, mit Hilfe dessen viele sich untereinander verschlingen. Solche Ballen, welche auf dem Boden der Gewässer liegen, werden durch darüberstreichende Fische, an deren Schuppen sie sich anheften, mitgeschleppt. Die jungen Larven dringen unter den Schuppen in die Haut der Fische ein und wachsen hier heran. Bevor diese merkwürdige Entwicklungsgeschichte bekannt war, musste man die Teichmuschellarven für Schmarotzer halten. In der That sorgen aber die beweglichen Fische für die Verbreitung der unbeweglichen Larven. Ganz entgegengesetzt verläuft der Entwicklungs­gang der Wandermuschel. Diese ist in der Jugend beweglich und schwimmt mit Hilfe eines merkwürdigen Ruderorgans im Wasser umher. Diese Fähigkeit sich fortzubewegen dauert aber nur wenige Tage, und das junge Tier verliert das Ruder und setzt sich fest. Die Wandermuschel ist erst seit 70 Jahren bei uns einheimisch; sie hat sich aber so schnell vermehrt, dass sie jetzt zu den häufigsten Tieren gehört. Ihre Verbreitung ist ebenfalls eine passive, sie geschieht durch das Flossholz. Sie ist ursprünglich in den Flüssen, welche in das Schwarze Meer münden, zu haus, war aber schon vor der Eiszeit bei uns einheimisch. Muscheln