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Eduard Zache, die Märkischen Seeen.
erkannt. Das südlichste ist das Baruther, dann folgt das Berliner und endlich das Thorn-Eberswalder. So kann es also gegen das Ende der Eiszeit zwischen mehr oder minder umfangreichen Eisfeldern schon ein Netz von Bächen und Strömen gegeben haben. Je mehr der Einfluss der Sonnenstrahlen sich geltend machte, desto mehr wird neben dem Abschmelzen auch das Verdunsten des Eises vor sich gegangen sein. Das Verdunsten aber wirkt ganz anders als das Abschmelzen. Es findet hierbei keine Sonderung des Schuttes im Eise statt. Das Eis wird so allmählich entfernt, dass der Gebirgsschutt, ohne Sonderung zu erfahren, zu Boden sinkt. Dieser regellos aufgehäufte Schutt ist die Grandmoräne, der Geschiebelehm. Wo die Eisdecke sehr mächtig und schuttreich war, musste sie auch eine sehr umfangreiche Moräne hinterlassen. Es kommt aber beim Abschmelzen noch ein zweites Moment hinzu. Soll man sich vorstellen, wie es eben geschildert worden ist, dass ein grosser Teil der Norddeutschen Tiefebene zur selben Zeit eisfrei wurde, oder muss man annehmen, dass das Abschmelzen in Etappen vor sich gegangen sei. Bei der Gleichförmigkeit des Klimas könnte man wohl für die erste Annahme eintreten. Es ist aber von berufener Seite bisher allein die zweite Art in Betracht gezogen worden. Herr Dr. Keilhack*) hat sog. Stillstandslagen des Eisrandes in die Karte der Norddeutschen Tiefebene eingezeichnet. Diese Linien bezeichnen die schrittweisen
Grenzen des Eismantels. Die schon oben aufgeführten grossen Thäler sind Abschnitte dieser Abschmelzrinnen, neben welchen der Eisrand eine Zeitlang emporragte. Sie entstanden nacheinander in der Richtung von SW nach NO.
Bisher hat man alle Erscheinungen der heimischen Landschaft, den Aufbau ihres Bodens und die Gestaltung ihrer Oberfläche allein durch die mannigfachen Eingriffe der Vergletscherung zu erklären gesucht. Es scheint mir das aber etwas einseitig zu sein. Eine Beobachtung, welche ich**) am Scharmützelsee südlich der Rauenschen Berge gemacht habe, veranlasst mich, einen zweiten Faktor einzufügen, das sind die Störungen, welche durch die Bewegungen der Erdrinde hervorgerufen werden. Wir nennen diese Störungen Verwerfungen. Im gebirgigen Teil Deutschlands sind zahlreiche derartige Verwerfungslinien bekannt, welche auch bis an die Oberfläche reichen, ohne dass Niveauunterschiede zu sehen sind, da diese durch die Verwitterung und die Abtragung wieder ausgeglichen worden sind. Es giebt aber auch Stellen, wo deut-
*) Die Stillstandslagen des letzten Inlandeises und die sporographische Entwicklung des Pommerschen Küstengebietes. Jahrbuch der Kgl. Preuss. Geolog. Landes- Anstalt für 1898. Berlin 1899, S. 96.
**) Zache: Spuren tektonischer Kräfte in dem Niederlausitzer Vorland. Archiv der „Brandenburgia“, Gesellschaft für Heimatkunde der Provinz Brandenburg. Bd. V. 1899. S. 41.