Heft 
(1900) 9
Seite
130
Einzelbild herunterladen

230 4. (2. ausserordentliche) Versammlung des IX. Vereinsjahres.

und die Hügel sind Sandberge mit Kiefern bewachsen. Zwischendurch erscheint wohl ein einzelnes Gehöft oder in der Ferne die Dächer und der Kirchturm eines Dorfes. In Luckenwalde wird zum ersten Mal ge­halten. Die Strassen der Stadt haben sich allmählich bis zum Bahnhof herangeschoben. Auf der Weiterfahrt erscheint am Horizont der Giebel und das Dach des Klosters Zinna, hervorlugend aus dichtem Gebüsch. Bald aber tauchen auch die beiden Türme der Nicolaikirche von Jüterbog auf, und wir sind am Ziel.

Auf dem Bahnhof werden wir begrüsst von Herrn Rektor Werner und Herrn Pastor Zimmermann, welcher aus Nieder-Görsdorf herüber­gekommen war. Eine breite Chaussee, begleitet von hohen Bäumen, führt auf einem erhöhten Damm vom Bahnhof in die Stadt. Da der moorige Untergrund ein schlechtes Bett für den Damm ist, so wurde die Chaussee sehr schnell zerfahren, deshalb hat man aus flachen eisernen Schienen zwei Geleise in die Beschotterung eingelegt, so dass der Druck der Wagenräder sich mehr verteilt. Kurz vor der Stadt auf der Nordseite der Strasse liegt, noch halb von einem Graben umgeben, die Burgstelle. Obgleich schon viel Boden abgefahren ist, so hebt sich die Anlage noch deutlich heraus. Die Oberfläche ist dicht mit Scherben und Schutt bedeckt, und die Einschnitte an dem Abhange zeigen mehrere Schichten von Steinschutt und Asche übereinander. Nach­dem die Gesellschaft sich hier orientiert hatte, ergriff'Herr Rektor Werner das Wort und schilderte die historischen Begebenheiten dieses Platzes. Erzbischof Albrecht von Magdeburg soll hier 1226 eine Burg errichtet haben als Absteige«luartier und als Zwinguri für Jüterbog. Die Anlage bestand aus einem riesigen Bergfried aus Granitblöcken, umgeben von weitläufigen Gebäuden, zu denen ein Thor mit einer Zugbrücke die Ver­bindung mit dem Damm herstellte. Im Jahre 1406 wurde die Burg vom Kurfürsten Rudolf III. von Sachsen und Wittenberg eingenommen. Er beschoss von ihr aus die Stadt mit einer Donnerbüchse und nahm sie ein. Da die Erzbischöfe später Zinna zu ihrem Aufenthaltsorte wählten, so wurde das Schloss allmählich vernachlässigt. Im Jahre 1699 wird es zum Teil abgetragen, und die Steine finden Verwertung beim Bau eines Amtshauses, des heutigen Landratsamtes. Der Rest wird als Arbeiterwohnungen vermietet. Endlich im Jahre 1750 wird der Überrest an Herrn von Lüttichau, Besitzer des Vorwerks Kappan, für 10 Thaler verkauft. Er lässt die Reste gänzlich abtragen und verwendet Holz und Steine zum Bau der Wirtschaftsgebäude des Amtes. Bis in die letzte Hälfte des vorigen Jahrhunderts war noch ein gewölbter Keller mit einer Treppe erhalten. Der jetzige Besitzer von Kappan benutzt endlich die verwitterten Überreste der Grundmauern, um seine Wiesen zu erhöhen.

Unter sanfter Steigung geht der Damm allmählich in die Strassen der Dammvorstadt über. Hier liegt, linker Hand, einige Meter über