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Pastor Zimmermann:
Nach der Schlacht sind die Leute dann aufs Schlachtfeld geeilt, um die Toten beerdigen zu helfen, und haben dein Tedeum beigewohnt, welches am 9. September auf dem Schlachtfelde abgehalten worden ist. Aber die Not war damit nicht geschwunden. Nachdem die Armee abgezogen war, blieb bei Jüterbog noch Reiterei zurück, welche sich durch Einfangen der in die Wälder geflüchteten Ackerpferde ergänzte. Marode, zurückgebliebene Soldaten trieben Rindvieh und Schafe auf, welche sie zu Spottpreisen verkauften. Darauf kam ein 5000 Mann starker Ileerhaufe des russischen Generals Scherbatow, welcher eine ganze Woche bei Jüterbog lagerte. Da wurden auf den Feldern bei den Mühlen zum Dorf Damm Strohbaracken aufgebaut, zu denen man Tbiiren und Fenster aus den benachbarten Dörfern herbeiholte. —
Solch ein Haufe Kosaken kam eines Tages nach Niedergörsdorf, und der alte Freischulze pflegte davon zu erzählen: Meine Mutter hatte noch etwas Mehl gerettet und entschloss sich, nachdem es von Feinden ruhiger geworden war, ein Brot zu backen. Ich und meine fünf Geschwister standen um den Backofen auf der Dorfstrasse und warteten auf die schöne Speise, denn uns hungerte sehr. Da kam ein Haufe Kosaken ins Dorf gesprengt, und alsbald hatten sie den süssen Geruch des Brotes gewittert. Meine Mutter musste es aus dem Backofen ziehen, obwohl es noch nicht ganz gar war, und dem Anführer reichen. Wir fingen gar jämmerlich an zu weinen, und das ging dem Kriegsmanne zu Herzen. Mit seinem Degen zerhieb er das Brot in 2 Teile und indem er uns die eine Hälfte zu warf, jagte er mit der andern von dannen. Vor der Thür des Hüfners Herrmann erschien eines andern Tages ein Kosak, der auf beiden Seiten des Sattels eine Schrote Speck befestigt hatte, um sich Bescheid sagen zu lassen. Entschlossen sprang die Hüfnerfrau zu, riss eine Schrote Speck an sich und vei'barg sich in dem Gehöft, wohin der Kosak nicht folgen konnte. Fluchend und wetternd zog er von dannen. Mit einem andern Kosaken, welcher sich hier einquartiert hatte, kam die Gemeinde in Not. Der Mann hatte die Lust am Kriege verloren und liess sich lieber von den Bauern der Reihe nach verpflegen. Als er immer noch nicht gesund werden wollte, kamen die Bauern zusammen, setzten ihn auf sein Pferd und geleiteten ihn auf Nimmerwiedersehen zum Dorfe hinaus. Auch von den Bewohnern der alt- preussischen Dörfer erfuhren die hiesigen Bewohner Plünderung an Vieh und Ackergerät. In der Wirtschaft von Meske war nur noch eine Milchkuh, und dieselbe war recht nötig, weil sich dort ein neugeborenes Kind befand. Ohne Erbarmen trieben sie die Plünderer fort, aber die Hüfnerin eilte ihnen nach. Aut dem Wege begegnete sie einem Offizier, welcher sich ihrer annahm. Die Kuh wurde zurückgebracht und zur Sicherheit auf der Pfarre beigestellt. —