Niedergörsdorf bei Jüterbog, eine Dorfchronik.
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Neuer Aufschwung der Gemeinden.
Die hiesigen Ilüfner müssen sehr fleissig und sparsam sein, um sicli und die Ihrigen mit Ehren durchzubringen. Die Acker, besonders im Norden, sind sandig und wenig ergiebig. Dort sind Wälder angelegt und einige Wirtschaften haben schon ihr eigenes Brennmaterial. Bauholz liefert der magere Boden, unter dem oft roter Kies lagert, kaum. Zwar hat Niedergörsdorf den Vorteil vor vielen Dörfern des Fläming, dass es an der Quelle der Nutlie einen Wiesengrund besitzt, aber obwohl die Wiesen reich gedüngt werden, liefern sie keinen ausreichenden Ertrag. Darum haben einzelne Wirte Wiesen in Jüterbog und Trenenbrietzen teils erworben, teils gepachtet, aber die Gewinnung des Heues ist sehr umständlich und kostspielig. Aus diesem Grunde konnten die Leute nur einen geringen Viehstand unterhalten. Die Hüfnergüter haben 400—500 Morgen Acker, welchen sie mit 4 Pferden bestellten. An Rindvieh hatte ein Ilüfner früher 8—9 Stück, jetzt 12—lü Stück. Schafe waren 80 bis 100 Stück auf einer Hüfnerei anzutreffen und zwar von edlerer Sorte, jetzt werden solche nur noch auf 3 Wirtschaften gefunden.
Gepflügt wurde vor 20 Jahren noch mit den schweren Karren- pflügen, die Egge wird auch jetzt noch nicht rund, sondern in die Länge gezogen, auch wohl in schräger Richtung (Schrodegge, schrod bedeutet wohl schräg). Futterkräuter wurden selten angebant, den Anbau von Mais soll der Pfarrer Wassermann eingeführt haben. In diese Verhältnisse hat die Anlage der Militär-Artillerie-Schiessplätze einen Aufschwung eingeleitet. Einige umsichtige und bemittelte Wirte kauften für massige Preise Pferdedünger, tauschten solchen auch wohl gegen geliefertes Streustroh um. Drei Wirte, der Lelmschulze A. Hecht, der Hüfer G. Hecht (Jesper) und der Ortsvorsteher Zwanziger, haben Milchwirtschaften eingerichtet und sind der Molkerei-Genossenschaft in Jüterbog beigetreten. Der Plan, hier eine Molkerei anzulegen und die umliegenden Dörfer für dies Unternehmen zu gewinnen, ist bisher nicht gelungen. Einen ganz besonderen Aufschwung nahmen die hiesigen Dörfer, als hier 1898 ein Bahnhof eingerichtet wurde. Zu demselben ist aus den hiesigen Dörfern eine Summe von 9000 M. aufgebracht worden. Nunmehr haben die Leute bessere Gelegenheit, ihre Erzeugnisse schnell abzusetzen, und durch die Eisenbahn erhalten sie auch die künstlichen Düngungsmittel, welche jetzt reichlich verwendet werden. Die einzelnen Wirte streuen bis 200 Ctr. Thomasmehl, 40—50 Ctr. Kainit und einige Centner Superphosphat. Die Fütterung des Viehes ist besser geworden, denn es werden reichlich Futterkräuter angesät; die Güte des Düngers hat zugenommen und die Leute haben die Einsicht gewonnen, dass in der Massengewinnung von Roggen das Heil ihrer Wirtschaften ruhe. Der Ertrag von Roggen hat sich für die einzelnen Gehöfte wohl um das Doppelte gehoben, 8 Wispel
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