E. Friedei: Das Königliche Fassaden-Recht in Berlin und Potsdam.
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Das Königliche Fassadenrecht in den Residenzen Berlin und Potsdam.
Nach den Akten des Magistrats zu Berlin geschildert von E. Friedei.
ln der Absicht, das äussere Ansehen der Residenzen Berlin und Potsdam zu heben, haben im 18. Jahrhundert die preussischen Könige aus wohlgemeinter und wohlverstandener landesväterlicher Gesinnung in besseren neuen Strassen gedachter Städte den Bau ansehnlicherer Häuser dadurch gefördert, dass sie mitunter die Baustelle, mitunter Holz uud Steine und, wenn die Fassade durch Allerhöchsten Erlass genehmigt wurde, zu deren Herstellung auch grössere Beträge baren Geldes gewährten. Solche Fassadenhäuser aus fridericianischer Zeit fallen dem Strassenwanderer selbstredend besonders in Potsdam in die Augen, weil diese Residenz viel kleiner als die Hauptstadt Berlin ist. Während in Berlin die Frunkfassade solcher Häuser gewöhnlich organisch in das eigentliche Haus verwachsen erscheint und deshalb stilistisch mit demselben übereinstimmt, ist dies in Potsdam nicht immer der Fall. Dort ist eine prächtig aussehende Fassade im italienischen Stil garnicht selten dekorationsartig ganz ärmlichen und kleinbürgerlichen Häusern mit kümmei-lichen Treppen, Fluren und Zimmern vorgehängt. Solche Häuser sind z. B. zu Potsdam in der Breiten Strasse zu sehen. Die Fassaden wurden und werden dort mitunter geradezu als eine Last empfunden, wie mir Besitzer solcher Häuser gesagt haben.
Dass es in Berlin solche königlichen Fassadenhäuser giebt, ist wenig bekannt, anscheinend mitunter nicht einmal immer allen staatlichen und städtischen Behörden. So war es z. B. anfänglich nicht bekannt, dass, als Zwecks Verbreiterung der hiesigen Neuen Rossstrasse das Haus No. 13 (westliche Seite, zwischen der Rossstrassenbrücke und Wallstrasse) abgebrochen werden sollte, an diesem Grundstück, auf welchem das ehemalige auf königliche Kosten errichtete Wachtgebäude der Rossstrassenbrücke gestanden und das etwa im Jahre 1810 in Privatbesitz übergegangen, der Zwang, die Fassade zu erhalten und solche nur auf Grund königlicher Erlaubnis abzuändern, hafte.
Die städtischen Abbruchsarbeiten wurden vom Polizei-Präsidium inhibiert, und entspannen sich nunmehr Verhandlungen und Untersuchungen über das Königliche Fassadenrecht in Berlin, wobei Potsdam mitgestreift wurde. Was es mit diesem Recht auf sich hat, geht klar aus dem Schreiben des Königlichen Polizeipräsidiums vom 13. Juli 1899 an die Städtische Baudeputation hervor, welches wir deshalb als geschichtliches Zeugnis vollinhaltlich mitteilen.
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