Die Lage von Berlin.
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benachbarten, ähnliche Verhältnisse aufweisenden Grundstücke eine bedeutende, bis zu dem alten an der Prenzlauer Allee und der Friedenstrasse liegenden Begräbnissplatz der Kloster-, Marien- und Nicolai- Gemeinde reichende Tiefe besitzt, deren Niveauunterschied gegen den vorderen strassenseitigen Teil etwa 10 m beträgt. Auf diesem zum sogenannten Prenzlauer Berg gehörigen Gelände „hängt“, durch einen Neubau vorübergehend blossgelegt und von der Strasse aus in der Tliat einen merkwürdigen Anblick bietend, der alte Garten, dessen steil abfallende, unten durch Mauerwerk abgestützte Böschung auf etwa 50 steinernen Stufen erstiegen wurde, als ein Bew’eis dafür, dass auch bei den heutigen, bis zu einer unheimlichen Höhe gesteigerten Grundpreisen innerhalb unserer Stadt sich noch gärtnerische Idyllen selbst an solchen Plätzen erhalten haben, wo anscheinend längst jedes Fleckchen Erde dem schnöden Erwerb dienstbar werden musste. Dies gilt namentlich von den Häusern 8 und 0, den letzten die geschilderten Verhältnisse aufweisenden Grundstücken der neuen Königstrasse, deren wohlgepflegte und in Folge ihrer über die Mitte des zweiten Stockwerkes reichenden Höhenlage vom „Druck der Giebel und Dächer“ befreiten Gärten einen Aufenthalt von eigenartigem Reiz gewähren.
Freilich hat es den Anschein, als ob hier nur die Not zur Tugend führte, da ein Abtragen des zumeist aus festem Diluvialmergel bestehenden Berges wegen der zu hohen Kosten, eine bauliche oder sonstige wirtschaftliche Ausnutzung aber aus pracktichen und polizeilichen Gründen unterbleiben muss.
Die Erklärung für eine derartige, in dem Gelände unserer Reichshauptstadt immerhin auffallende Erscheinung, beruht auf einer Eigen- thümlichkeit ihrer topographischen Lage, die als solche nur zu verstehen ist als Teil eines grossen Ganzen, nämlich in ihrer Beziehung zu dem vorgeschichtlichen Flusssystem Norddeutschlands.
Dieses alte Flusssystem zeigt im völligen, fast paradox erscheinenden Gegensatz zu dem heutigen nordsüdlichen Verlauf der Oder und Weichsel eine südost- nordwestliche bzw. ostwestliche, über Berlin bzw. über Eberswalde führende Richtung dieser Flüsse sowie eine Vereinigung beider in der Niederung des Havelluches, von wo ab dieselben in Gemeinschaft mit den Wassern der Elbe den ältesten Hauptstrom, den eigentlichen Urstrom Norddeutschlands bildeten und in dem weiten, von dem heutigen Elbstrom nur zum kleinsten Teil ausgefüllten Thale der Nordsee zueilten; solchergestalt, in weiterem Gegensatz zu dem heutigen Flussbild, nur ein einziges Flusssystem darstellend.
Die Entstehung dieser nach dem Vorgänge Berendts auf 3 längere Stillstandspausen während der Rückzugsperiode der letzten Vereisung zurückgeführten, alten Urströme ist in den letzten Jahren durch die Auffindung der zwischen den alten Flusstliälern liegenden, die