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W. Pflt*:
Stillstandslinien des Eises bezeichnenden Endmoränen*) in ihrer Ursache immer klarer erkannt worden. Der Parallismus zwischen Endmoräne und den alten Flnssthälern kennzeichnet diese als urspüngliche Sammelrinnen der Schmelzwasser; ein Rückzug des Eisrandes nach Norden musste folgerichtig eine weitere Verlegung jener Abflusswege nach derselben Richtung hin nach sich ziehen: Hat somit die Entstehung des ältesten und südlichsten dieser alten Flussthäler, des sogenannten Glogau-Raruther Thaies den Beginn der Absclnnelzungsperiode zur Voraussetzung, so bezeichnet das hier hauptsächlich in Betracht kommende zweite Thal, das sogenannte Warschau-Berliner Thal, ein bereits über die Gegend von Berlin hinaus vorgeschrittenes Stadium derselben, während dessen zunächst die sämtlichen Schmelzwasser, die bis dahin dem ersten Hauptthal zugeflossen waren, hier ihre Vereinigung und ihren Abfluss nach der unteren Elbe fanden, indessen die Wasser des ersten Ilauptstromes das Bestreben zeigten, nach dem neuen tieferen Thal durchzubrechen. Ein solcher Durchbruch gelang zuerst dem Wasser der heutigen Oder in der Gegend von Deutsch Wartenberg, in Folge dessen das erste Hauptthal unterhalb des Durchbruches insoweit 'ein todtes Thal wurde, als dasselbe jetzt nur noch von Süden her durch Nebenflüsse gespeist wurde; doch auch diesen musste nunmehr der Durchbruch nach dem neugebildeten Hauptstrom um so leichter gelingen, als ihnen hierzu die ehemaligen, nun trocken liegenden nordsüdlichen Schmelzwasserrinnen zur Verfügung standen.
Ein solcher Entwickelungsgang erklärt hinreichend die Herkunft der gewaltigen Wassermassen, welche einstmals unser Berliner Thal ausfurchten, um später nach Entstehung des dritten, nördlichsten Hauptthaies, des sogenannten Thorn-Eberswalder Thaies nach dieser wiederum tiefer gelegenen Schmelzw'assersammelrinne sich einen Durchbruch zu suchen, der südlich bei der heutigen Stadt Frankfurt (a. 0.) vor sich ging und für unser Berliner Oderthal von wesentlicher Bedeutung war; denn er liess abwärts der Durchbruchstelle in dem breiten Flussbett nur die Spree, den ehemaligen Nebenfluss zurück, deren schmaler Wasserlauf sich hier, um einen treffenden Vergleich Berendts anzuführen, ausnimmt „wie die Maus im Käfig des entflohenen Löwen“.
In dem von den rauschenden Wassern des Urstromes verlassenen Rinnsal sich ihr eigenes Bett ausfurchend, nahm nun die Spree ihrerseits zwei andere bisherige Oderzuflüsse als eigene Nebenflüsse auf, nämlich die in einem breiten ehemaligen Durchbruchthale von Süden kommende wendische Spree (Dahme) und von Norden her die Panke und fand so verstärkt selbstständig ihren Weg über Spandau und Nauen zur unteren Elbe, eine Selbstständigkeit, deren Dauer abhängig war von derjenigen des dritten, nördlichsten Urstromes.
*) Yergl. Heft 11, S. 399 u. f.