Heft 
(1900) 9
Seite
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Die Lage von Berlin.

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Satzungen der Ackergilde von 1580 hervorgeht, in Gemeinschaft mit den zugeordneten Ratsdeputirten von der Pflugzeit bis nach Bartliolomäi alle Sonntage auf dem Rathause dieWrüge*) abhielten.

In der Frankfurter Allee war es auch, wo einer Zeitungsnotiz zufolge noch im Jahre 1886 ein Grundbesitzer seinen Wein kelterte. Weinbau in Berlin! In welch hellem Glanze erscheint uns beim Klange dieses Wortes der alte Thalrand!**) Und es war nicht nur schlichter, sog.blanker Land wein, den die alten Berliner namentlich an dem nördlichen, nach Süden einfallenden und so die günstigsten Kultur­bedingungen bietenden Gehänge erzeugten, sondern auch Muskateller, Malvasier, Petersilienwein und tiefdunkeier, sog. Tintenwein, von deren vortrefflichem Wohlgeschmack die Chronisten des 17. Jahrhunderts viel Rühmliches zu erzählen wissen. Zwar erwähnt der Frankfurter Studiosus Michael Frank, der auf seinen Reisen vor 300 Jahren auch nach Berlin kam, neben den Obstgärten besonders auch denWeinwachs an der trebbinischen Seite, also im Süden der Stadt bei dem heutigen Kreuzberge, wo die letzten Weinberge 1740 ausgerodet wurden,***) doch kann derselbe hier naturgemäss nur von geringerer Bedeutung gewesen sein, als an dem nach Süden und Südwesten gelegenen, der vollen, noch durch keinerlei Miets-Kasernen beeinträchtigten Bestrahlung ausgesetzten Abhange des Barnim, wo das Andenken an jene glücklichen Zeiten in den Namen zweier, die Hauptzugänge zu jenen Weinbergen bildenden Strassen erhalten ist; denn an dem heutigen Weinbergsweg lag der früher nach seinem zeitweiligen Besitzer dem Feldmarschall Sparr be­nannte spätere Wollanksche Weinberg, der das ganze von jenem Wege und der Zehdenicker-, Choriner- sowie der Fehrbelliner - Strasse um­schlossene Viereck einnahm und von dem hier besonders stark ent­wickelten Thalgehänge in seiner ganzen Längsausdehnung durchzogen wurde, während die Weinstrasse zu jenen zusammenhängenden Wein­pflanzungen führte, die sich vom Ausgange derselben am Thalrande nach

*) Wröhe, Wrüge-Rüge d. h. also Rügegericht. Die Funktionen dieser Rüge­herren hatten sich indes im Laufe der Zeiten geändert und bestanden zuletzt nur noch im Abschätzen von Wiesen und Äckern.

**) Die vereinigten Städte Berlin und Kölln besassen um die Mitte des 16. Jahr­hunderts 70 Weinberge u. fast 30 Weingärten, von denen einer 1695 volle 96 Tonnen ergab.

***) Der aus dem Jahre 1767 stammende Schmettausche Stadtplan, auf dem wie nebenbei bemerkt sei, der Thalrand in voller Deutlichkeit, wenn auch in der dem damaligen Stande der Kartographie entsprechenden, willkürlichen und system­losen Manier eingetragen ist, zeigt im Süden der Stadt keinerlei Weinberge mehr, jedoch befanden sich früher u. a. zwei städtische Weinberge an der heutigen Berg­mannstrasse, die nach Ausweis der Kämmerei-Rechnungen i. J. 1695 für 36 Tonnen Wein die Summe von 144 Thlr. einbrachten.

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