Zur Kunde des heimischen Jagdwesens.
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haltenon Treibjagd der als Treiber fungierende Ziegelmeister L. Die flüchtigen Ilirschc kamen dem L. so nahe, dass er im Augenblick, als er sich die vorderen Tiere mit einem Knüppel abwehrte, von einem nachfolgenden Stück Mutterwild aufgelaufen und eine Strecke fortgetragen wurde. Der L. * glaubte sein Endo nahe, da jeden Augenblick die Schützenlinie passiert werden musste, er wurde jedoch noch rechtzeitig im dichten Gehölz abge- laufen und kam mit dem blossen Schrecken davon, wahrend der Hirsch diesen Streich mit seinem Leben bezahlen musste.
B. T. Bl. 4. Nov. 1896.
45) Gefährliches Damwild. In der Nahe des Havelberges macht seit einiger Zeit ein junger, starker Damhirsch den Grunewald im eigentlichen Wortsinnc unsicher. Er hat, obwohl die eigentliche Brunstzeit des Damhirsches in den spUteren November füllt und die Tiere dann erst als bösartig gelten, Vorübergehende wiederholt „angenommen“ und „geforkelt“, wie es in der Waidspraehe heisst, d. h. angegriffen und mit dem Geweih gestossen. Dasselbe besteht bei besagtem Tier nur erst aus einer Stange, der Bösewieht ist also ein Spiesser. Zwmi Mitglieder des Berliner Geschiehtsvereins, die als eifrige Wanderer bekannt sind, wurden am 27. v. Mts. von dem wütenden Tier, welches nicht viel mehr als dreijährig sein kann, gestellt, eine halbe Stunde lang verfolgt und konnten sich des Tieres nur durch Stockhiebe erwehren. Wenn das Tier so fortfabrt, kann es als Schaufler recht bedenklich werden, Kindern ist es schon jetzt gefährlich. Dies erinnert uns an das Gebahren des Kotwildes im Wildpark bei Potsdam. Der Maurermeister Stechow aus Werder wurde vor Jahren durch einen brünstigen Rothirsch genötigt, auf den Wildzaun beim Entenfänger zu klettern; dort wurde er stundenlang belagert und erst durch einen von ihm zu Hilfe gerufenen Trupp Waldarbeiter aus seiner bedenklichen Lage befreit. In demselben berühmten Waidanger und Jagdrevier hat König Friedrich Wilhelm IV. einem seiner Hegemeister ein Denkmal gesetzt, der hier von einem starken Rothirsch langsam zu Tode geforkelt worden ist. Sonderbar ist es, dass solche Hirsche das weibliche Geschlecht unter den Menschen respektieren, sie sind so galant, dass sic die Werderschen Frauen, überhaupt weibliche Personen, die den Grunewald, die Pirschheide und den Wildpark passieren, nicht anfallen.
Dem betr. jungen Damhirsch bin ich damals selbst in der Gegend des Havelberges begegnet und habe ihn mit Stockhieben mir vom Leibe gehalten. Nov. 1890. E. Friedei.
46) Unter dem Vorsitze des Kaisers als Protektors des „Ordens vom Weissen Hirschen Sancti Huberti“ fand am Sonnabend Abend 7 Uhr im Palais des Fürsten Pless, welcher die Stelle des Grossmeisters dieses Ordens bekleidet, die feierliche Aufnahme des Herzogs Johann Albrecht von Mecklenburg-Schwerin in den genannten Orden statt. Dieser Orden wurde am 3. November 1859 „zum Besten des Löblichen Waidwerks“ von dem verstorbenen Prinzen Friedrich Carl in Anbetracht des damaligen jämmerlichen und nicht genug zu beklagenden Verfalls und zur Abwehr der Gefahr gänzlichen Verschwindens des edlen Waidwerks gestiftet und von dem jetzt
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