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Zur Kunde des heimischen Jagdwesens.
50) Von der deutschen Geweihausstellung wird uns noch geschrieben: Es mag nochmals darauf hingewiesen werden, dass nur schiidelechte Geweihe und Gehörne hier ausgestellt sind, deren Tr.'iger von deutschen Jägern wahrend des Jahres 1895 erlegt worden sind, und zwar kommen hauptsächlich die auf deutschen Wildbahnen geschossenen in Betracht. Daneben finden wir allerdings gleich im ersten Baume zur rechten lland, durch eine Leine mit der betreffenden Aufschrift getrennt, die von deutschen Jägern im Ausland erbeuteten Jagdtrophäen. Es sind im ganzen die Geweihe von 202 Kothirschen und 72 Schauflern, ferner 259 Rehgehörne, 59 Gamskrickeln und 2 Elchhäupter und 1 desgleichen Schaufelgeweih vertreten Zwar befinden sich darunter einige „Abwürfe“, doch sind dieselben lediglich der Kuriosität wegen ausgestellt und haben bei der Prämiirung nicht mit konkurriert, wie auch die von „geforkelten“, das heisst von im ritterlichen Zweikampf mit Nebenbuhlern in der Brunstzeit gefallenen Hirschen. Im allgemeinen kann die Ausstellung mit ihren vielen starken und teilweise kapitalen Kronengeweihen als Beweis dafür gelten, dass wir in Deutschland unter der rationell und waidgerecht betriebenen Jagd unserer grossen Jagdhesitzcr und Grundeigentümer noch einen sehr schönen Wildstand besitzen. Als ein Beispiel hierfür darf angeführt werden, dass Fürst Plcss in seinem umgatterten Revier von rund 50000 Morgen (Wildschaden daher ausgeschlossen) im vergangenen Jahre 153 Stück Rotwild mit 71 Hirschen abgeschossen hat und trotzdem einen Wildstand (aufgenommen am 12. Januar d. .1.) von 842 Stück Rotwild mit 386 Hirschen besitzt. Da sich in diesem Stand 218 Stück Alttiere befinden, so wird, falls nicht noch grosse Verluste durch sehr ungünstige Witterungsverhältnisse und dergleichen eintreten, der Nachwuchs in diesem Jahre den vorjährigen Abschuss übersteigen. Doch wenden wir uns vom ersten Raume aus links zwischen den starken vom Fürsten Heinrich XII von Reuss älterer Linie einerseits und dem Grafen von der Asselburg andererseits aufgestellten Hirschgeweihen nach dem grossen Saale, so befinden wir uns inmitten der grossen Kollektionen von Rothirsch-Trophäen. Zunächst fesseln an der Längswand die vom Kaiser gesandten Geweihe — zumeist aus Rominten und von Hirschen von schwerstem Gewicht stammend — den Blick. Es sind echte deutsche Rothirsche, deren Mittelpunkt dasjenige Geweih bildet, das den ersten Preis davongetragen. Dasselbe gilt von denjenigen des Königs von Württemberg, des Königs Albert und Prinzen Georg von Sachsen, des Grossherzogs und Herzogs Friedrich Wilhelm von Mecklenburg-Strelitz, des Herzogs von Koburg-Gotha und namentlich von der Kollektion des Fürsten zu Putbus, welche den Ehrenpreis des Kaisers erlangte. Die zahlreichste Sammlung von Rothirschen hat übrigens der Herzog von Koburg-Gotha mit 30 Stück am Platze, während der Kaiser selbst der bedeutendste Ausstteller ist, denn er hat 20 Rothirsche, 20 Damschaufler und 22 Rehböcke eingesandt. Im nächsten Saale finden wir die Damschaufler, von welchen wieder die vom Kaiser erlegten, namentlich diejenigen aus dem Grunewald, darunter das ganz ausnahmsweise starke Schaufelgeweih, welchem der erste Preis fraglos zukam. Es scheint also, dass die „Berliner Stullenpapiere“ eine auf die Geweihbildung sehr günstige Äsung abgeben, wie ein Besucher der Ausstellung sich äusserte. Kapitale Schaufler haben auch der König von Württemberg, der Landgraf