Zur Kunde des heimischen Jagdwesens.
241
es dahin gehracht, dass im Sommer 1883 ein Stückzahl von 130 Häuptern vorhanden war, obgleich das Jahr 1880 durch eine seuchenähnliche Krankheit erheblichen Abgang gebracht hatte. Neuere Nachrichten stehen uns nicht zu Gebote, doch wurde in diesem Frühjahr gefürchtet, dass der Elchwildstand durch die langandauernde Überschwemmung der Niederung, wobei wegen des grossen Körpergewichts des Tieres und des durchweichten Bodens die Nahrungsplätze immer kleiner wurden, wieder geschädigt worden sein könnte. Wer an die zierlichen und eleganten Formen und Bewegungen unseres Kotwilds gewöhnt ist, wird sich durch die Erscheinung des Elchs leicht etwas enttäuscht sehen. Das Elch macht im Vergleich zum Reh- und Rotwild eher den Eindruck eines zwar massiven, aber plumpen Erstlingsversuchs der Natur. In der Erscheinung wie im Gang unterscheidet sich das Wild wesentlich von seinen bekannteren Verwandten, erinnert durch die Schnauze an das Kameel, durch den mit einer Mähne gezierten Hals an den Stier und durch die Gangart einigermassen an das Pferd. Es ist, wenigstens in Ibenhorst, wenig scheu und wird nicht schnell flüchtig, erfordert somit keine besondere Jagdfertigkeit, damit man es erlege. Sein Jagdruhm besteht wesentlich in der grossen Seltenheit, und der Waidmann, dem das Glück zu Teil wurde, einen Elch auf die Strecke zu bringen, wird sicher mit Stolz das mächtige Geweih seiner Sammlung von Jagdtrophäen mit einfügen. — Schliesslich sei hier noch eines Mannes gedacht, der mit der Geschichte des Elchwildes in Ibenhorst innig verwachsen ist. Das ist Ramonat, der „Elchvater“ genannt, königlicher Hegemeister in Ibenhorst. Er ist ein Original-Lithauer, der selbst mit der deutschen Sprache noch keinen Frieden geschlossen hat, ein richtiger Sohn des wasserreichen Lithauens, wie ihn nur jene abgelegene Gegend hervorbringen konnte. Treu wie Gold im Dienste und ein gewissenhafter und seiner Funktion mit Waidmannslust und Liebe ergebener Pfleger des Elchs, weiss er auch, dass gar viele hochgestellte Gäste in Ibenhorst einkehren, und manches lobende Wort seiner Fürsorge für die seltenen Pfleglinge gegolten hat. Mit ruhmredigem Stolz zeigt er die Stelle, wo er der deutschen Kronprinzessin vor Jahren, als sie beim Scheuwerden der Pferde aus dem Wagen sprang, aus dem tiefen Wassergraben au der Seite des Weges geholfen hat. Andere Geschichten, ob wahr oder falsch, werden über ihn erzählt. So soll er einst einem ebenso als Waidmann wie als Feldherrn berühmten preussischen Prinzen, dem er als Führer auf die Elchpürsch diente, gesagt haben: „Rauchen können Sie, königliche Hoheit, wenn Sie Elche sehen wollen, aber halten Sie’s Maul!“ Diese von der Wiener Presse erzählte Geschichte ist vielleicht weniger wahr als charakteristisch für den alten „Elchvater“, der ebenso wie Wald und Sumpf, Elch und Moor dem Bilde Ibenhorsts einen fremdartigen, abgelegenen Charakter verleiht. B. T. Bl. 17. Okt. 1884.
54) Bei der vom Jagdschloss Hubertusstock aus am Montag mit Tagesanbruch begonnenen und gegen Mittag abgebrochenen Pürsche im königlichen Hotjagdgehege Sehorfheide hat der Kronprinz Rudolf in der Oberförsterei Grimnitz 3 Vierzehner, 1 Zwölfer und 1 Schaufler, der Prinz