7. (4. ausserordentliche) Versammlung des IX. Vereinsjahres.
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Städtchen noch zweimal raste. Damals muss Mittenwalde wie eine Wüste gewesen sein. Man kann sich denken, mit welcher Inbrunst der Liederdichter, den Gott der Herr bald in unsere Stadt ziehen liess, gebetet hat:
Schleuss zu die Jammerpforten Und lass an allen Orten Nach so viel Blutvergiessen Die Freudenströme fliessen.
Es ist Paul Gerhardt. Hier in Mittenwalde war 1651 der Propst Caspar Gäde gestorben. Der Rat der Stadt liess sich durch das geistliche Ministerium der Nicolaikirche in Berlin den Kandidaten Paul Gerhardt empfehlen, der schon 22 Jahre auf ein Pfarramt gewartet hatte. Im November 1651 wurde er in das Amt des Propstes eingeführt. Vier Jahre später vermählte er sich mit Anna Marie Berthold in Berlin. Seine Gattin fand hier drückende Verhältnisse, musste mancherlei Entbehrungen leiden und konnte sich nicht heimisch fühlen. Um sie auf die reichen Gottesgaben der Gegenwart hinzuweisen dichtete Paul Gerhardt das sinnige Sominerlied:
Geh aus, inein Herz, und suche Freud.
Dann preist, er den gesegneten heiligen Ehestand:
Wie schön ist’s doch, Herr Jesu Christ Im Stande, da dein Segen ist
und singt von seiner herzlieben Gattin
Wohl Dir, o Zier,
Hausessonne, Manneswonne, Ehrenkrone, .
Gott denkt Dein vor seinem Throne.
1656 wurde ihnen ein Töchterlein geboren, Marie Elisabeth, doch welkte es bald dahin und starb den 14. Januar des folgenden Jahres. Die Mutter versank in tiefe Traurigkeit, aus der sie auch das Lied „Sollt ich meinem Gott nicht singen“ nicht zu befreien vermochte. Die Trauer schien zur Schwermut zu werden. Da ging Paul Gerhardt in den Propsteigarten, dichtete auf der Bank sitzend das unvergleichlich herrliche Lied „Befiehl du deine Wege“ und überreichte es seiner Gattin. Am Abend aber desselben Tages kam ein Böte aus Berlin, Martin Richter, mit einem versiegelten Schreiben des dortigen Magistrats, durch das er zum Diakon an der Nicolaikirche berufen wurde. Mit Freuden nahm er das Amt an und siedelte Mitte Juli nach der Hauptstadt über.
Die Zeit seiner Wirksamkeit in Mittenwalde ist für unsere Stadt und Gemeinde eine Segenszeit gewesen. Hier hat Paulus Gerhardt, wie der Hymnologe Bachmann nachweist, 63 Lieder gedichtet, unter denen