8. (6. ausserordentliche) Versammlung des IX. Vereinsjahres.
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und man kann gleich hinzuftigen, dass sich Sehring wieder als der geschickte und sichere Dekorateur, als den wir ihn kennen, und dass sich Lachmann den ungewöhnlichen und neuen Problemen gegenüber als ein sehr begabter und umsichtiger Konstrukteur erwiesen hat. Die Forderung des Bauherrn ging dahin, die ganze Fassade nach der Leipziger Strasse, soweit es irgend nach den Polizeivorschriften anging, in Fenster umzuwandeln, dabei aber doch dem Ganzen einen monumentalen und repräsentativen Charakter zu geben. Damit war eine logische und konstruktive Lösung, wüe sie Messel im Wertheimschcn Hause für das Magazin gefunden hat, ausgeschlossen. Ks war nur noch möglich, ein grosses und wirkungsvolles Plakat der eigentlichen Konstruktion vorzubauen. Und das war eine Sache, die keinem so lag wie gerade Sehring.
Die polizeilich vorgeschriebene Steinfläche wurde so verteilt, dass in der Mitte ein Portalbau angelegt wurde, der mit einem hohen Aufbau über das Gesimse hinausragt, und den das Steingesimse mit den beiden Seiteu- portalbauten verbindet. Der Kaum zwischen der Mitte und den Ecken ist an beiden Seiten in ein riesiges Fenster venvandelt, das, nur von den Fassungen der grossen Scheiben gegliedert, vom Fundament bis zum Gesimse durchgeht. Um bei diesen grossen Glasflächen dem Ganzen überhaupt den Charakter eines Baues zu geben, mussten die Steinteile sehr reich mit plastischem und dekorativem Schmuck in grossen Massstuben geschmückt werden. So sind zu beiden Seiten des Hauptportals vier schwebende Frauengestalten von vierfacher Lebensgrösse angebracht, zwei unten und zwei oben. Oben stehen um den Globus von Glas, der etwa fünf Meter im Durchmesser hat und von innen elektrisch beleuchtet wird, vier Figuren, die die Jahreszeiten darstellen. Audi die Eckbauten sind von plastischen Gruppen gekrönt. Diese ganzen Steinteile bewegen sich in barocken Formen, denen Sehring einen grossen Schwung und bei aller Schwere einen Zug von Eleganz gegeben hat.
Das künstlerisch Feinste an dem Bau ist ohne Zweifel der Lichthof, in dem mit verhältnismässig einfachen Mitteln eine ausgezeichnete Wirkung erreicht ist. Es ist ein Pfeilerbau, glatt in Weiss; das Holzwerk der grossen Treppe und der Balustraden in den Stockwerken, das in Blaugrau und Gold gehalten ist, und das Messingwerk bringen einen guten Ton hinein. Ausgezeichnet war die Idee, die Schachte der beiden Aufzüge zu den Seiten der Haupttreppe in den Treppenbau hineinzuziehen; da die Schachte ganz in Glas sind, so wird man die besetzten Lifts auf- und absteigen sehen. In der Gestaltung der Treppe zeigt sich Sehrings Geschmack am besten. Im Lichthof sind auch die originellsten Beleuchtungskörper: zu beiden Seiten der Treppe Lorbeerbäume, aus deren durchbrochenem Laub Glühkörper schimmern, Pfauen, in deren Schwanzfedern an Stelle der Augen Lichter prangen, alles in Aluminiumbronzc geschmiedet.
Die Fassade nach der Krausenstrasse ist einfach: zwischen glatten Sandsteinpfeilern zieht sich um die schmalen Fenster krauses gotisches Ornament in Kunststein. Von dem roten Dach ragen Giebel. Auf dem Dach steht das Turmwärterhäuschen.