10. (4. ordentliche) Versammlung des IX. Vereinsjahres.
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4. Der neugebildete Rügisch-Pommersche Geschichts-
Verein zu Greifswald und Stralsund, welcher Austauschbeziehungen (vgl. Brandenburgia-Sitzung vom 12. Sept. 1900) angeknüpft, übersendet uns den I. Band seiner „Pommerschen Jahrbücher“. Aus dem reichen, zumeist die dortigen Verhältnisse betreifenden Inhalt ist für uns von besonderer Wichtigkeit ein Aufsatz von Professor Dr. Ernst Bernheim - Greifswald: „Lokalgeschichte und Heimatkunde
in ihrer Bedeutung für Wissenschaft und Unterricht.“ Der Verfasser fasst von seinem besonderen wissenschaftlichen Standpunkte aus die Heimatkunde als Bestandteil oder Untergruppe der Landesgeschichte auf. Das entspricht selbstredend nicht unserem heimatkundlichen Standpunkt. Uns ist die Heimatkunde vielmehr ein Bestandteil und eine Untergruppe der Landeskunde, dagegen die Geschichtskunde eine Hülfswissenschaft, wie das in unserem Programm gelegentlich der Begründung der „Brandenburgs“ in unseren Satzungen vom 22. März 1892 § 1 deutlicli ausgesprochen ist (Brandenburgs I, 1892, S. 2). Lediglich von jener rein geschichtlichen Perspektive des Herrn Professors Bernheim ist es auch erklärlich, dass er bei der Heimatkunde mit keinem Wort der Naturkunde gedenkt, die doch die alleinige und unbedingt allererste Grundlage der Heimatkunde ist. Wie kann denn jemand die Heimat und das Land verstehen, wenn er sicli nicht mit der Kunde des Bodens, der Gewächse und der Tiere vertraut macht? Nur dadurch erst wird der natürliche Übergang zum Menschen und zur Erkenntnis seiner geistigen und seiner sonstigen schöpferischen Thätigkeit gegeben. Dies Verhältnis liegt ferner auch selbstverständlich in der Bodenkunde, denn im Diluvium finden wir die ersten sicheren körperlichen Reste des Menschen und seine primitivsten Erzeugnisse. Von dieser Dämmerungszeit des Menschengeschlechts steigt die Heimatkunde aufwärts allmählich in die neuerliche Steinzeit, in die Metallzeit und damit allmählich in die Geschichtszeit. Das ist unser Standpunkt bei dem Studium der Landes- und der Heimatkunde, und diesen werden wir allzeitig unveränderlich festhalteu.
Im Übrigen enthält der Aufsatz viel Beherzigenswertes und wir schliessen uns gern dem Schlusssatz (S. 32) an: „ln Unterricht und Wissenschaft treffen wir auf dasselbe Verhältnis der Lokalforschung: sie ist auf beiden Gebieten lebhafter als je zuvor in das allgemeine Interesse gerückt und unendlich fruchtbar geworden durch die Berülnuing mit dem Allgemeinen, durch welche sich ihr neue Aufgaben und Wege erschlossen haben.“
5. Deutsche Geschichtsblätter. Monatsschrift zur Förderung der landesgeschichtlichen Forschung, herausgegeben von Dr. Armin Tille. II. Bd. l.Heft. Oktober 1900. Diese Zeitschrift, welche sich bereits einer berechtigten Beliebtheit erfreut, vermittelt zwischen der allgemeinen und der örtlich begrenzten Geschichtsforschung,