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10. (4. ordentliche) Versammlung des IX. Vereinsjahres.
Romanus deutlich erkennen lässt. Damals war Germanien durch römische Überkultur wie später durch slavische Unkultur in seinem volkstümlichen Wesen bedroht. Seit dem Schwinden der gallorömischen Latene-Kultur wird Germanien, auch soweit es römische Fasces und Adler nicht gesehen, mit Tauschartikeln aus den römischen Provinzen und römischen Grenzlanden, zu denen die Taunusgegend mit dem Römerkastell der Saalburg gehört, überschwemmt. Mit Recht hat unser Kaiser, indem er bei den drei Hammerschlägen für das künftige Saalburg- Museum eine Ansprache innerhalb des Praetoriums hielt, darauf hingewiesen, dass, wenn die Römer auch unserer Altvorderen Feinde waren, wir ihnen immerhin die erste abendländisch-klassische Kultur verdanken und dass er in diesem Sinne das alte Römerkastell wieder aufbauen und dem Kaiser Antoniüs Pius (138—Hi I n. Chr.), einem der besten römischen Kaiser, der auch die Christenverfolgungen, so viel er konnte, verhinderte, aussen vor der Porta Decumana ein ehernes Standbild setzen wolle.
Der Gedanke Seiner Majestät, dies Kastell bei dem feierlichen Akte mit römischen Legionsßoldaten zu besetzen, wie Sie das aus den wohl- gelungenen Momentaufnahmen von Ottomar Anschütz ersehen, wurde vortrefflich ausgeführt und rief ein gewiss höchst naturwahres Bild hervor. Die germanischen Krieger, welche in dem Aufzuge miterschienen, waren, wie regelmässig bei dergleichen Aufzügen, teilweise unchronologisch bewaffnet, sie trugen nämlich teilweise Hallstatt-Wulfen, also aus einer Zeit, die viele Jahrhunderte vor Christus liegt, während bei der Saalburg eine Annäherung au die Völkerwanderungsepoche richtiger gewesen wäre. Wir z. B. in der Provinz Brandenburg leimen aus den Saalburg-Funden, in welche Zeit die bei uns vorkommenden ganz gleichartigen Funde gehören, umgekehrt kann der römische Antiquar aus unseren heimatlichen Funden ersehen, wie im übrigen, d. h. von den römischen Tauschartikelu abgesehen, der germanische Mann, die germanische Frau aussah. ln jenen Momenten liegt die grosse Bedeutung der Saalburg-Ausgrabungen wie überhaupt der gesamten Limes-Forschung und der Kunde der sogenannten römischen Provinzial - Epoche für die Provinz Brandenburg.
Wenn wir auch nicht alle Daten mehr historisch wieder auf bauen können, so ist doch so viel anzunehmen, dass der Pfahlgraben vom Main bis zum Rhein von Domitian ums .fahr 84, die Saalburg vielleicht etwas früher angelegt wurden. Fünf oder mehr Brandschuttschichten lassen auf Verwüstungen durch die Chatten und Alemannen schliessen. Auf blutige Kriege folgten Zeiten der Wiederherstellung: unter Commodus (180—102), unter Septimius Severus (193—211) und unter Caracalla (211—217), dem ein Teil der bürgerlichen Niederlassungen vor der Veste vielleicht ihre Entstehung verdankt. Unter Alexander Severus (223—235) war die Saalburg in den Händen der Alemannen, unter Maximinus Thrax (235—238), unter Philippus Arabs (244—245), unter Probus (270—282)