Ferdinand Meyer, Im altberlinischen „Triangel" und seiner Umgebung. 347

Als dann im Jahre 1702 die preussische Handelsgesellschaft, welche ihren Sitz in Emden hatte, in Verfall geriet, wurde Raule aus der Haft entlassen, um die dortigen Verhältnisse zu ordnen; doch waren dieselben so ungünstiger Art, dass die preussische Seemacht ein baldiges Ende nahm.

So erblicken wir in jenem Hause die eigentliche Geburtsstätte unserer jetzigen Marine-Verwaltung. Doch was vor nunmehr 200 Jahren nach dem tragischen Ende Kaules schnell wieder verlief: die See- und Kolonial­macht des Grossen Kurfürsten, das ist jetzt der Stolz und die Zuversicht der deutschen Nation geworden! 0 **^ " , ' 1

Auch die Sage bemächtigte sich jenes Hauses. Zur mitternächtigen Stunde wollte man in dem Seitengebäude, woselbst die Marinekasse und Chargengelder sich befanden, das Ausschütten gefüllter Geldbeutel ver­nommen haben, deren Inhalt Raule unterschlagen haben sollte.

Nachdem später sein Haus in den Besitz des Arztes Dr. Kurelia, des Erfinders des nach ihm benannten Brustpulvers, gelangt war, ver­weilte hier wiederholt Gotthold Ephraim Lessing während seines siebenmaligen Berliner Aufenthaltes.

Mit welchen Gefühlen der Dichter im April 1767 die „Königin der Städte“ verlassen hatte, in welcher „die deutsche Muse von dem grössten deutschen Sohne, von des grossen Friedrichs Throne ungeehrt und schutzlos ging“, ist bekannt. Noch lange erfüllte ihn die getäuschte Hoffnung, als Bibliothekar eine feste Stellung zu erlangen und so für immer an Berlin gefesselt zu bleiben, mit bitterer Stimmung.

Auf der Reise mit dem Prinzen Leopold von Braunschweig nach Italien verweilte Hessing vom 1. bis 15. März 1775 zum vorletzten Male in Berlin, und zwar bei seinem Bruder Carl, welcher als Beamter der Königlichen Miinz-Direktion damals im Kureilaschen Hause wohnte. Während dieses kurzen Aufenthaltes fand ein reger Verkehr mit Moses Mendelssohn und Nicolai statt; die Unterhaltung drehte sich nament­lich um den Charakter der Orsina (in „Emilia Galotti“) und um theolo­gische Streitfragen, denen Lessing damals ein grosses Interesse widmete. — Im folgenden Jahre sehen wir ihn dann auf der Rückreise zum letzten Male in Berlin, vom 26. Januar bis Mitte Februar wiederum bei seinem Bruder wohnend.

Schliesslich sei auch erwähnt, dass im Seitengebäude jenes Hauses das Königliche Pass-Bureau und das von dem späteren Polizei-Direktor Saeger im Jahre 1836 errichtete Einwohner-Melde-Amt bis [zu deren Übersiedelung nach dem Dienstgebäude am Molkenmarkt No. 1 sich befanden.

Über „Raules Hof“ führt seit alter Zeit der Durchgang nach dem „Triangel“, dessen Gebäude zum Teil auf dem eingeengten und dem­nächst überwölbten Ausfluss des Spreearmes, dein späteren Münzkanal, errichtet wurden. Es entstanden zunächst die Häuser No. 7, 8 und 9 in

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