Heft 
(1900) 9
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ii. (7. ausserordentliche) Versammlung des IX. Vereinsjahres.

Mittwoch, den 14. November 1900, nachmittags 3 Uhr

In der Musikwerke-Fabrik der Firma Cocchi, Bacigalupo & Graffigna,

Schönhauser Allee 78, neben dem Ringbahnhof.

Die zahlreiche Versammlung wurde in den Fabrikräumen von dem Chef der Musikwerke-Fabrik Herrn Bacigalupo senior freundlichst empfangen und sofort in die volle Thätigkeit desselben eingeführt.

Herr Bacigalupo senior, ein einfacher Landmannssohn mit zahl­reichen Geschwistern aus der Umgegend von Genua, ist ein seif inade- man in der rühmlichsten Bedeutung des Wortes. Er erzählte in drolliger Weise, wie er als armer und verlassener Knabe nach Hamburg ge­kommen sei und man ihm, um sein Brod zu verdienen, eine defekte Harmonika und ein Meerschweinchen gegeben. Letzteres habe er stolz mit den Wortennon voglio porci (ich mag keine Schweine) abgelehnt und dafür später einen Affen genommen, wie er es in der Dressur dieser Menschen-Karrikaturen sehr weit gebracht und seine Kollegen vielfach mit hochgebildeten Vierhändern auf ihren Kunstfahrten ausgestattet haben soll. Als der einzige des Schreibens und Lesens Kundige unter seinen Berufsgenossen, gewann er bald deren Vertrauen und Kundschaft beim Reparieren von Drehorgeln. Durch Fleiss und Anstelligkeit glückte es ihm, vorwärts zu kommen und befasste er sich schliesslich selbständig, mit immer grösserem Erfolge mit der Herstellung mechanischer Musik­werke aller Art.

Gegenwärtig ist Herr Bacigalupo sen. seit vierzig Jahren bereits in Berlin ansässig und hat sieh zu einem so ausgedehnten Geschäfts­betrieb aufgeschwungen, dass die meisten der in Norddeutschland vor- handenenen Kunstmusikwerke von der einfachen Drehorgel bis zu dem kunstvollen Symphonium und Orchestrion aus seiner Fabrik hervor­gegangen sind. Seine ganze zahlreiche Familie ist bei ihm mitthätig, alles arbeitet Hand in Hand einträchtig mit einander und das Ganze lässt uns einen erfreulichen Einblick thun, wie Ausdauer, Fleiss, Be­gabung und angeboiener Geschäftsverstand auch heut zu Tage noch,

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