Heft 
(1900) 9
Seite
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12. (8. ausserordentliche) Versammlung des IX. Vereinsjahres.

12. (8. ausserordentliche) Versammlung des IX. Vereinsjahres.

Sonnabend, den 17. November 1900, mittags 12 Uhr.

Auf mehrfach geäussertcn Wunsch fand heut eine Besichtigung der Städtischen Leichen-Samm elstel le und des Städtischen Verbrennungsofens in der Diestelmeyerstrsisse gegenüber der 4. Realschule und nördlich angrenzend an den Parochialkirchhof statt.

Der Vorsitzende des Städtischen Kuratoriums für das Bestattungs­wesen Stadtrath Ernst Friedei hegrüsste die Erschienenen und trug über die Iieichen-Saniinelstelle und den Verbrennungsofen folgende technische Einzelheiten vor:

Die Leichen-Saininelstelle dient als Hauptsaminelpunkt für alle Leichen, die als Freileichen für Rechnung der Stadtgemeinde beerdigt werden müssen. Diese Leichen werden im Laufe des Tages durch einen Unternehmer mittels Leichenwagens aus den Sterbehäusern und den Kranken-Anstalten abgeholt, an die Sammelstelle abgeliefert und von hier aus während der Nachtzeit durch besonders eingerichtete Wagen auf der zu Lichtenberg gehörigen neuen Gudrun-Strasse nach dem Gemeinde- Friedhöfe bei Friedrichsfelde übergeführt.

Durch den von der Stadtsynode bestellten Geistlichen haben in der hiesigen zweckmässig eingerichteten Leichenhalle auf Wunsch der Hinterbliebenen Einsegnungen von Leichen stattgefunden und ist den Hinterbliebenen geistlicher Zuspruch gewährt worden. Ein grosser Teil dieser Hinterbliebenen bevorzugt nämlich zum Teil aus Bequemlichkeit und Zeitersparnis für diesen Zweck die in der Stadt belegene Leichen- Sarnmelstelle, erbittet hier den geistlichen Zuspruch und vermeidet dadurch den Weg nach dem Friedhofe bei Friedrichsfelde. Derartige geistliche Einsegnungen sind vom Jahre 1. April 1898 bis 31. März 1899 im ganzen 87 erfolgt.

Eine Revision der Sammelstelle wird von Zeit zu Zeit bewirkt.

Der Verbrennungsofen, welcher von dem Herrn Oberpräsidenten von Achenbach gestattet worden ist, ist im April 1898 in Betrieb ge­nommen, er dient zur Verbrennung von Körperteilen, mögen diese von lebenden Menschen aus Amputationen herrühren oder zu Leichen ge­hören, bei denen jede Leichenindividualität verloren gegangen ist.

Der Ofen ist durch den auf diesem Gebiete besonders erfahrenen Erbauer der Crematorien in Hamburg und Basel etc., Ingenieur Richard Schneider in Dresden, nach der besten modernen Technik errichtet worden und funktioniert ohne Belästigung durch Rauch oder Gase.