Heft 
(1900) 9
Seite
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Fontanes Grete Minde.

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mit einem Fragment des fünften. Dieses vierte Buch schildert in 118 Versen Ursache und Verlauf der Feuersbrunst.

1(551 erschien aber auch und zwar gleichfalls in Zerbst ein zweites, die Geschichte Tangermündes darstellendes Büchlein: Andreas Ritners Altmärkisches Geschichts-Buch. Dies Werkelten concentriert sich besonders in seinem ersten Teil viel stärker als Helmreichs Annalen auf Tangermiinde und überschreitet erst weiterhin, in der Schilderung des dreissigjährigen Krieges, die Grenzen der Vaterstadt. Gerade durch diese Darstellung ist es aber eine gute Quelle für die traurigen Vorgänge jener Zeit. Uns interessiert hier nur sein Bericht über die Feuersbrunst. Auch Ritner war ein Tangermünder Kind. Auch er war Bürgemeister der Stadt, wie es schon sein Vater war. Zur Zeit des Brandes war er freilich erst acht Jahre alt. Sein Bericht müsste also an Authenticität hinter dem Helmreichs zuriiekstehen. Dafür aber ist er in schlichter Prosa geschrieben und da Ritner als Stadtschreiber, Ratsherr und Bürge­meister, welche Stellungen er abwechselnd bekleidete, die nächsten Be­ziehungen zum Rat hatte, so möchte seine Darstellung an historischem Wert hinter derjenigen seines älteren Konkurrenten kaum zuriiekstehen.

Wesentlich weichen sie übrigens nur in einem Punkt von einander ab. Helmreich erzählt, dass Grete Mindens Mutter nach dem Tode ihres Gatten in Tangermünde, ihr Kind in einem Korbe tragend, er­schienen sei und von ihrem Schwager, Heinrich Minde, das ihr zu­stehende Erbteil verlangt habe, aber abgewiesen worden sei. Einige Jahre darauf habe Grete, die sich inzwischen an Schelmen und Buben gehangen hätte, aus Rache für die Abweisung der Mutter die Brandstif­tung verübt. Ritner dagegen leitet die Darstelluug der Feuersbrunst mit der Erzählung ein, dass Grete Minde selbst von ihrem Vetter (d. h. Vatersbruder) ihr grossväterliches Erbteil gefordert habe. Dass dieses letztere jedenfalls auch geschehen ist, wissen wir aus andern Quellen, nämlich aus den Akten des Prozesses, die sich grösstenteils erhalten haben und von denen gleich die Rede sein wird (vgl. Dietrichs und Parisius, Bilder aus der Altmark Hamburg 1883 S. 73).

Die Originaldrucke von Helmreichs und Ritners Annalen müssen früh selten geworden sein heute findet man sie z. B. in den grossen Berliner Bibliotheken nicht mehr sie müssen selten geworden sein, denn der unermüdliche, einst Tangermündische, später Berlinische Rektor George Gottfried Küster, der sich um die Geschichtschreibung unserer Stadt und der Mark überhaupt so verdient gemacht hat, sah sich 1729 veranlasst, eine neue Ausgabe beider Werke zu veranstalten. Er fügte ihnen einen vierfachen Anhang und einen BandTangermün- discher Denkwürdigkeiten hinzu und nannte das Ganze: Antiquitates Tanger mundenses.

Alle, die sonst von dieser Begebenheit handeln, mag es nun