Heft 
(1900) 9
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17. (8. ordentliche) Versammlung des IX. Vereinsjahres.

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des Jahres zahlreiche Höhlungen herzustellen. Dadurch, dass der Specht diese vielen Höhlungen zimmert, liefert er für ebenso viele Pärchen von Höhlenbrütern, für Kleiber und Staare, Meisen und Baumläufer und viele andere fertige Wohnriiume, die diese Vögel selbst sich nicht zu schaffen im Stande sind. Nun sind, wie die Beobachtung zeigt, gerade diese kleinen Höhlenbrüter die wirksamsten Vertilger von Schmetterlingen, ihren Raupen und Eiern; und es ist somit der Specht, der ihnen ihre Wohnungen zimmert, der allerwichtigste Hüter des Waldes.

Es ist daher durchaus rationell, wenn, wie es beispielsweise bei uns im Grunewald geschieht, zwischen den forstmässig gezogenen Kiefern einzelne alte hohle Eichen ruhig stehen gelassen werden.

Wohl nehmen diese alten Eichen einen nicht unbedeutenden Raum für sich in Anspruch und beschränken dadurch den Raum für die Kiefernkultur, aber sie bieten in ihrem kernfaulen Innern den Spechten die Gelegenheit zur Errichtung der Brut- und Schlafplätze für sich und die ganze Schar der Höhlenbrüter und schützen dadurch den Wald vor seinen gefährlichsten Feinden, den waldzerstörenden Insekten.

So bietet uns der Specht ein Beispiel für die Wechselbeziehungen zwischen den Bäumen des Waldes und der Tierwelt, die sich gegenseitig in der mannigfachsten Weise bedingen. Das Beispiel zeigt zugleich, dass der Mensch nicht wohlthut, in dieses Getriebe allzu gewaltsam ein­zugreifen.

Während der Specht jetzt ganz allgemein als nützlich angesehen und demgemäss geschont wird, ist man sich über ein zweites, ebenso allgemein verbreitetes Tier, über das Eichhörnchen, weniger einig.

Die anmutige Gestalt und das possierliche, muntere Wesen machen das Eichhörnchen überall beliebt und man ist daher geneigt, nur Gutes von ihm zu glauben. Es gilt daher l»ei der Mehrzahl der Naturfreunde geradezu als ein Unrecht, wenn die Nützlichkeit und Unschädlichkeit des Tierchens in Zweifel gezogen wird. Und doch erweist sich bei genauerer Beobachtung das Eichhörnchen durchaus nicht als so gut­artig, als man meint.

Ausser den Früchten der verschiedensten Waldbäume, Bucheckern, Haselnüssen, Eicheln, Kiefernsamen u. s. w. verzehrt das Eichhörnchen auch Knospen und junge Triebe zumal von Nadelbäumen, und wirft von ihnen im Frühjahr im Uebermut weit mehr zu Boden, als es ver­zehrt. Das Schlimmste aber ist, dass das Eichhörnchen die Nester unserer Singvögel aufs Ärgste plündert. Es verzehrt sowohl die Eier als auch die jungen Vögel, ja, es verschont selbst die alten Vögel nicht. Bei einer solchen Plünderung der Nester kommt der kleine Bösewicht allerdings manchmal schlecht an. So hörte ich einst im Tiergarten nahe bei Bellevue ein wütendes Geschrei zahlreicher kleiner Vögel und sah dann, als ich rasch hinznkam, wie ein Eichhörnchen von 15 20