Heft 
(1896) 4
Seite
13
Einzelbild herunterladen

10. (7. öffentliche) Versammlung des 3. Vereinsjahres.

13

gefüllte Dose und ein mit zahlreichengrossen und kleinen Diamanten besetzter Finger­ring überreicht wurde. Hin dreizehntes Exemplar druckte sich mein Urgrossvater als Andenken für sich und dieses hat sich bis heute in der Familie erhalten, der Original­entwurf aber, abgebildet auf Tafel XLVII, ging, soweit noch erhalten, als Geschenk meines Grossvaters in meine Hände über. Ähnliche Taschentücher sind damals zweifellos viele unter dem Volke verbreitet gewesen, aber sie verbrauchten sich und sind daher nur in geringer Zahl auf uns gekommen. Sie bieten neben dem tech­nischen auch ein kulturhistorisches Interesse, denn sie spiegeln jene Ereignisse wieder, die das Volk im Laufe der verschiedenen Jahre hauptsächlich bewegten. In den auf­geregten Zeiten der Revolution und des ersten Kaiserreiches waren es vor Allem politische Strömungen, welche in den bedruckten Taschentüchern zum Ausdruck kamen. Später, als die Zeiten ruhiger wurden, traten andere Motive in den Vordergrund. Man brachte Szenen aus Romanen, Jagdgeschichten, Fabeln nnd Theaterstücke zur Abbildung. Ein Taschentuch der Jahre 1821 oder 1822, norddeutschen Fabrikats, führt Bilder aus WebersFreischütz vor und entstand unter dem mächtigen Ein­drücke, welchen diese Oper auf das deutsche Volk in den Zwanzigerjahren dieses Jahrhunderts ausübte. Es zeigt die Wolfsschluchtscene, die Kranzüberbringung etc. nnd als Randbortedie wilde Jagd. Heute sieht man dergleichen bedruckte Taschen­tücher nur noch in den Händen alter Bauern, kommen aber besondere Ereignisse, so tauchen sie sporadisch gleichwohl wieder auf und führen dann bald ein grosses Fest (so die erste Pariser Weltausstellung), bald eine epochemachende Erfindung oder eine hervorragende Persönlichkeit im Bilde vor.

Auf derselben Tafel giebt Forrer noch einen zarten Kattundruck in rot auf weiss mit Tänzergruppe (politisch?). Ende Louis XVI. Fran­zösisch 1/3 Grösse. Ferner in 1/3 Grösse einen Rotdruck mit Napoleon I. vor einem salutirenden Maurer, zu demder kleine Korporal sagt:Es Cuirassier 2 Au 4 Austerlitz, Jena, Friedland, Wagram. Im Hinter­gründe ein zweiter, älterer Handwerker, ehrfürchtig den Hut ziehend. Spätestes Empire.

Die bedruckten meist seidenen Bänder, die ich ebenfalls in meinem Februar-Vortrag kurz anstreifte, will Herr Forrer in einem besonderen Werk behandeln. Erwähnen will ich aber doch, dass er S. 36 mit mythologischen Scenen bedruckte Seidenbänder als eine Eigen­tümlichkeit der Zeiten Ludwigs XVI. und des Empire hervorhebt. Sie dienten als Belag von Sessellehnen und fanden auch, in Medaillonform gefasst, als Kleiderbesatz selbst in Berlin, wo man die französische Mode peinlichst treu nachahmte, Verwendung. Wohl das schönste Beispiel dieser Art bietet der ebenso vorzüglich ausgeführte wie prächtig erhaltene Kupferstich-Schwarzdruck auf Seide Fig. 1 Tafel XLV, der von Janinet signiert und 1789 datiert ist.

Die Forrersche Sammlung der Zeugdrucke ist inzwischen, wie Herr F. mir schreibt, um 9000 M. vom hiesigen Kunstgewerbemuseum angekauft worden. Herr Forrer teilt mir ferner unter dem 6. d. M. mit, dass er einige neue seltene Erinnerungstücher, darunter ein besonders rares und schönes für den hohen Preis von 100 fres., erworben habe. Aber wenn Sie sie sehen wdirden, würden Sie begreifen, dass ich der-