Knie verschollene Getreideart.
43
Vielleicht ebenso alt als unsere Kenntnis von dieser Kulturpflanze ist die Zusammenstellung und Vergleichung, gelegentlich auch Verwechslung ihrer Frucht mit der einer in fast ganz Europa wildwachsenden Grasart, des Schwadens ( Glycerin fluitans [ L.] R. Br.), mit der sie Namen und Verwendung teilte. Dieselbe wächst an nassen Orten, in Sümpfen, Gräben, Bächen, überhaupt an den Ufern der Gewässer. Die Gewinnung ihrer Früchte ist wohl am ausführlichsten von dem Prediger Lorek in Hinterpommern beschrieben worden. 1 ) Die Ernte erfolgt am besten, wenn die Rispen von Thau oder leichtem Regen mässig feucht sind. Sind sie trocken, so fallen die Früchte zu leicht, sind sie zu nass, so fallen sie zu schwer aus. Häutig wird auch schon aus dem Grunde, weil die Ernte mitunter widerrechtlich auf fremdem Grund und Boden vorgenommen wird, bei Nacht gesammelt. Man bedient sich beim Sammeln gewöhnlicher Kornsiebe, um das sich ansammelnde Wasser ablaufen zu lassen, welche dann in leinene Säcke entleert werden. Die natürlich noch sehr nasse Frucht muss, um nicht zu verderben, baldigst gedörrt werden, wobei sich die braune Fruchtschale in ein pechschwarzes Häutchen verwandelt, das dann durch Stampfen mit schweren hölzernen Keulen entfernt wird, so dass der gelblichweisse Kern zum Vorschein kommt. Ganz ähnlich, nur viel kürzer und weniger klar, berichtet der um die Landeskunde unserer Marken so hoch verdiente Frankfurter Professor der Theologie, Joh. Christoph Bekmann. 2 ) Natürlich giebt, es mancherlei Abänderungen des Verfahrens. Wo der Boden nicht zu nass ist, kann man die Früchte auf untergelegte Leintücher abklopfen.
Die Entfernung der Schale wird wohl häufiger durch Schroten auf Mühlen bewirkt. Die Ähnlichkeit dieser geschälten Körner, der „Schwadenoder Mannagrütze“ mit der Frucht der Bluthirse tritt erst hervor, wenn diese von den Spelzen, in welche sie, wie Gerste, Hafer und Reis fest eingeschlossen ist, befreit, enthülst ist.
Die älteste Erwähnung der Glycerin -Frucht finden wir wohl in des Valerins Cordus Dioscorides-Ausgabe von 1548 (Francofurti apud Chr. Egenolph. Schon p. 125 wird bei lib. II cap. 87 (117 der
1) Pommersche Provinzialblätter, herausg. von Haken, 4. Bd., 3. Stück (nach dem von dem bekannten Botaniker, Professor Hornschuch in Greifswald, in der Regensburger „Flora“ 1824, S. 459—463 veröffentlichten Auszuge.
2 ) Historische Beschreibung der Kur- und Mark Brandenburg u s. w., ergänzet, fortgesetzet und herausgegeben von Bernh. Ludw. Bekmann. Erster Teil. Sp. 702. Das genannte Werk erschien zwar erst 1751, wurde aber der Hauptsache nach vierzig Jahre früher auf Grund von z. T. noch einige Dezennien weiter zurückgehenden Aufzeichnungen niedergeschrieben. Allerdings ist das Pflanzenverzeichnis durch den berühmten Botaniker Gleditsch redigiert und mit Zusätzen bereichert worden. Vgl. Ascherson, Verh. Bot. Ver. Brand. XXXII (1890) S. LIV Anm. Desselben Verfassers Catalogus Plantarum in Tractu Francofurtano sponte Nascentium erschien schon 1676. Der Verfasser schreibt auf dem Titel seinen Namen Becmann.