Heft 
(1896) 4
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Eine verschollene Getreideart.

Sprengelschen Ausgabe) unter Oryza der Schwaden oder das Himmels- brot genannt. Dabei ist eine Figur, die freilich mit O ryza s o wenig Ähnlichkeit als mit Glycerin hat, und in ihrer unbehülflichen Stylisierung an manche altägyptischp Ptlanzeuabbildungen erinnert. Indes scheint die Art wie dieses Gewächs über einen mit runden Körnern gefüllten Sack sich neigt, auf die Einsammlung der Glycerin hinzudeuten. P. 474 heisst es dann: Porro invenitur apud nos in palustribus et uliginosis locis frumentum quod Schwaden vocamus. Cordus hält dasselbe irriger Weise sogar für die Oryza des Dioscorides. Dass hier nur Glycerin gemeint sein kann, ergiebt. sich aus dem sumpfigen Standort, den sie allerdings mit dem Reise teilt.

Möglicherweise hatte der oben erwähnte Korrespondent des Mat- thiolus, II. Herold, von diesem Schwaden reden hören. Dass er ihn nur vom Hörensagen kannte, geht aus dem Briefe des Matthiolus hervor, in welchem ein wild wachsendes Wiesengras erwähnt wird, dessen Ab­bildung ihm Heroldn 1) als mutmasslichen Stammpflanze eines essbare Samens, eingesandt hatte. Herold nannte dies Gras Panicum pratense, wobei wir vielleicht, da Panicum in jener Zeit ausschliesslich die Kolben­hirse oder Fuchsschwanz (P. italicum L.) bezeichnete, an die in der Tracht ähnlichen Alopecurus (auch jetzt noch: Wiesen-Fuchsschwanz) oder Phleum pratense z u denken haben. Die Erwähnung eines Wiesen- grases deutet wohl eher auf den Schwaden, der indes dem Matthiolus sicher unbekannt war. Letzterer sagte, dass ihm das Panicum pratense, das in Italien sehr häufig vorkomme, wohl bekannt sei; es sei aber nicht die Stammptlanze des Samens, der in Deutschland Himmelthau, in Böhmen Manna genannt werde, über den er dann die S. 42 erwähnte Mitteilung macht.

1722 bezeichnet J. B. v. Rohr 2) Glycerin alsschwartzen Schwaden, zum Unterschiede des weissen IPanicum sang.], der gesäet wird und bekannter ist. 1750 wirrt C. A. v. Bergen, Professor zu Frankfurt a. O, im Text seiner Flora Francofurtana unter der Bezeichnung Dactylis Marchica esculenta Charaktere und Synonyme beider Pflanzen in der wunderlichsten Weise durch einander, so dass ich es sehr erklärlich finde, dass Prof. Huth 3) diesen Namen nicht zu deuten weiss. Viel besser wusste (falls nicht etwa auch diese Stelle von Gleditsch herrührt!) der Theologe Bekmann ein halbes Jahrhundert früher diese Schwierig-

1) Leider fehlt in dem vorher (p. 121, 122) abgedruckten Briefe Herolds (d. d. Nürnberg, 14. März 1559) die betreffende Stelle, obwohl in der Inhaltsangabe P anicum pratense angeführt ist. Wir wissen also nicht, ob H. seinen essbaren Grassamen auch Himmelthau nannte.

2) Hauswirtschafts-Buch S. 546 (nach Körnicke).

3 ) Flora von Frankfurt a. O. und Umgebung. Programm der Realschule I. Ordn. 1880, S. 45.