Eine verschollene Getreideart.
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keiten zu lösen, der a. a. O. S. 702 mit Recht für den Schwaden die Bezeichnung der „Botanici“ Gramen dactyloides esculentum ablehnt. In einer Anmerkung sagt v. Bergenr 1) offenbar von Glycerin , dass die in de Mark gesammelten Samen die schöne weisse Farbe der Milch beim Kochen nicht verändern, während die aus der Nieder-Lausitz stammenden einen schmutzig grauen Brei geben. Möglicherweise waren letztere das Produkt der Bluthirse, die ja noch heut bis nahe an die Grenze der Nieder- Lausitz heranreicht. Balthasar Erhartr 2) irrt aber, wenn er aus diese Stelle herausliest, v. Bergen habe die Früchte aus der Mark und der „Lausnitz“ als völlig identisch angesehn. 1766 führt Manetti, nachdem er an einer anderen Stelle seines Werkes 3) die Glyceri a-Frucht be sprochen, ohne deren einheimischen Namen zu nennen, als Namen der Bluthirse in Polen e Mannapolska an. 4) Körnicke hält auch hier ein Verwechselung nicht für ausgeschlossen und erklärt es jedenfalls für zweifelhaft, ob Pan. sang, in Polen früher angebaut wurde bez. noch wird.) 5
Das Hauptgebiet der Einsammlung der Glycerin- Frucht bildet noch heut, wie in früheren Jahrhunderten, das nordöstliche Deutschland und die östlich angrenzenden Landschaften des ehemaligen polnischen Reichs. Besonders für das Königreich Polen, für West- und Ostpreussen, 6) Pommerns 7) und den „nordöstlichen Teil“ Schlesien s8) ist diese Au beutung festgestellt. Auch für die angrenzende Provinz Posen ist die-
1) p. 321: Gramen hoc a paucis descriptum non est varietas praecedentis
Panicum sang., quippe cujus semina nunquam vidi esculenta. Semina hujus dicta Schwaden in tractibus novae et mediae Marchiae prope Viadrum declivioribus, et Pomeraniae conflniis mense Julio copiose colliguntur et venduntur, lactis gratam albedinem in pulmentis non alterant secus ac faciunt illa in Lusatia inferiore collecta, qnae pultes obsoleti cinerei coloris reddunt.
2 ) Ökonomische Pflanzenhistorie 1753 (nach Körnicke).
3) Delle specie diverse di frumento e di pane p. 156 (nach Körnicke in seinem u. Werner's Handbuch des Getreidebaues 1885 I. S. 283).
4) a. a. O. p. 190.
5 ) a. a. O.
6) Schon Loesel bildete sie in seiner Flora Prussica 1655 auf tab. 21 als Gramen mannae esculentum prutenicum, allerdings recht schlecht ab.
7 ) Der Hauptsitz dieser Gewinnung in Hinterpommern ist das Gut Ruschitz bei dem bekannten kassubischen Pfarrdorf Glowitz in der Nähe des Leba-Sees, auf das sich der Lorek'sche Aufsatz (s. oben S. 43) bezieht. Schon dieser Schriftsteller berichtet eine Sage, nach der die Benutzung des früher unbeachteten Grases durch eine aus Preussen eingewanderte Frau eingeführt worden wäre. Neuerlich hat Treichel (Volkstümliches u. s. w. X. Altpreuss. Monatsschrift, XXXI, 1894, S. 438, 439) diese Überlieferung ausführlich mitgeteilt. Aus Schwadenschwingel ist durch eine seltsame Volksetymologie Schwedenschwengel geworden! Auch in Vorpommern wurde nach Hornschuch (Flora 1824 S. 463) auf der Insel Usedom Schwaden gesammelt; ob noch heut?
8 ) Wimmer, Flora von Schlesien, 3. Aufl. (1857) S. 52.