Heft 
(1896) 4
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Eine verschollene Getreideart.

Schwadensammler sie unterscheiden sollten, so werden sie, wie Fries (a. a. O.) wohl mit Recht annirnmt, G. plicata , deren Rispe weit zahl­reichere Ährchen trägt, bevorzugen. Eine Verschiedenheit der Früchte beider Formen finde ich übrigens nur von Wittmack (a. a. O. S. 51) angedeutet.

Ich nehme nun nach dieser Abschweifung die Geschichte der Blut­hirse, die ich bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts geführt hatte, wieder auf. Nachzutragen wäre noch, dass Manetti (s. oben S. 45) an der von Körnicke zitierten Stelle dieselbe ebenfalls als in Kärnten und ausserdem in Slawonien kultiviert angiebt. Obwohl noch v. Rohr (s. oben S. 44) die Bluthirse bekannter nennt, als den Schwaden, so scheint diese Kulturpflanze doch bei den Botanikern der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts schon ziemlich in Vergessenheit geraten zu sein; denn der berühmte Graskenner r Schreber sagt 1): Zu unseren Zeiten hat. de Anbau des Blutgrases mit dem Gebrauch des Samens aufgehört, nach­dem derselbe von dem besser schmeckenden Mannagras (von Glycerin ) verdrängt worden ist. Vorsichtiger drückt sich Schrader aus, nachdem er die Nachrichten des Matthiolus und seiner Zeitgenossen erwähnt.) 2 Varietas haec sativa mihi dubia et nunquam visa. Non solum vero Gramen Dactylon folio latini C. Banhini s. Syntherisma vulgare ( = Panicum sanguinale), sed etiam P. glabrum (= P. lineare) in una vel altera Germaniae regione culta, esse et adhuc coli, vix dubitari potest, propterea quod et nostris temporibus utriusque speciei semina rerum commerciis sub nomine Bluthirse propagantur.n 3) Indes scho in demselben Jahre giebt t Beckmann 4 ) an, dass die Bluthirse noch jetz in Böhmen, Schlesien, Görz, Kärnten und Slawonien gebaut werde.

Wenn wir nun den gegenwärtigen Zustand ins Auge fassen, so ist zunächst zu bemerken, dass für den Anbau der Bluthirse in Kärnten und Krain keine neueren Zeugnisse vorliegen. Für letzteres Land wird

1) Beschreibung der Gräser I (1769) S. 123 (nach J. Kühns Citat).

2 ) Flora Germanica I (1806) p. 163.

3) Dass auch P. lineare kultiviert werde, wird durch kein anderes Zeugnis be­stätigt. Allerdings sagt auch Dietrich (Flora der Gegend um Berlin 1. 1. (1824) S. 82) von beiden Digitaria- Arten, dass ihre Samen als Bluthirse bekannt seien und behauptet sogar S. 79, dass der Samen von Cynodon Dactylon (s. oben S. 38, 39) oft als Bluthirse im Handel vorkomme. Gegenwärtig findet man im Samenhandel alsBluthirse rot­körnige Varietäten der gemeinen oder Rispenhirse (P. milianeum). Herr Geh.-Rat Wittmack, der mir diese Thatsache mitteilte, wurde dadurch sogar veranlasst, zu bezweifeln, dass P. sanguinale noch jetzt im deutschen Reiche angebaut wird (Garten­flora 1895, S. 41), ein Zweifel der durch die weiterhin mitgeteilten Thatsachen ge­hoben wird.

4 ) Grundsätze der deutschen Landwirtschaft, 1806, S. 161 (nach J. Kühn).